Wolfgang Herborn: BIOGRAPHISCHES
 
Hermann Weinsberg wurde am 3. Januar 1518 als Sohn des Kölner Ratsherren Christian Weinsberg geboren, dessen Vater als armer Pferdeknecht aus dem bergischen Land nach Köln eingewandert war und dem gegen Ende seines Lebens der Sprung in den KölneStifterbild mit Hermann Weinsberg (Barthel Bruyn)r Rat glückte. Christian Weinsberg ließ seinem Sohn eine gründliche Schulausbildung in Köln sowie in Fraterherrnhaus zu Emmerich vermitteln und ermöglichte ihm anschießend ein Studium an der Universität Köln. Die erste Phase seines Studiums schloß Weinsberg 1537 mit dem Magister artium ab. Er verließ 1543 die Universität mit dem Grad eines Lizentiaten der Jurisprudens, übte aber Zeit seines Lebens nie einen juristischen Beruf aus. Nur im Familien- und Bekanntenkreis war er bisweilen als Advokat tätig. Seinen Lebensunterhalt bestritt er aus Rentenbesitz. Außerdem verwaltete er den Besitz seiner beiden Frauen, die beide als Kauffrauen tätig waren. Die erste Ehe schloß er 1548 mit Weisgin Ripgen. Nach deren Tode heiratete er 1558 seine zweite Frau, Drutgin Bars, die 1573 verstarb. Beide Ehen blieben kinderGottschalk Weinsberglos.
Schon als Student war Hermann 1543 Ratsherr von Köln geworden. Er wurde noch dreimal wiedergewählt, ehe er 1549 den Rat verlassen mußte, Hermann Weinsbergs Vater Christianweil die Würde eines Ratsherren mit der Stellung eines "Burggrafen unter dem Rathaus", eines besseren Hausmeisters, nicht vereinbar war. Auf Drängen seiner zweiten Frau gab er 1565 sein Amt als Burggraf auf und wurde noch im selben Jahr wieder in den Rat gewählt. Bis zu seinem Tode wurde ihm diese Ehre noch zehnmal zuteil.
Weinsberg verstarb wohl zu Beginn des Jahres 1597. Die letzte Eintragung im seinem großen Lebenswerk datiert vom 27. Februar 1597.
 
 
Empfohlene Zitierweise des Beitrags: Wolfgang Herborn: Biographisches, in: Die autobiographischen Aufzeichnungen Hermann Weinsbergs — Digitale Gesamtausgabe, URL: <http:// www.weinsberg.uni-bonn.de/ Weinsberg. htm> (Datum).
 
 
nach oben
 
Manfred Groten: ZUM WERK HERMANN WEINSBERGS
 
Hermann Weinsberg hat umfangreiche autobiographische Aufzeichnungen hinterlassen. 1559 vollendete er das sogenannte "Buch Weinsberg", eine über weite Strecken fiktive Familiengeschichte, die bis in die Römerzeit zurückreicht. In diesem Werk verfolgte Weinsberg das Ziel, Alter und Bedeutung seines Geschlechtes, das erst in der dritten Generation in Köln ratsfähig war, darzustellen. 1560 begann er mit der Führung sogenannEigelsteintorburgter Gedenkbücher, in die er chronologisch denkwürdige Ereignisse in seinem Leben und Nachrichten zur Zeitgeschichte eintrug. Gestützt auf knappe Notizen in Almanachen, mündliche Mitteilungen und Darstellungen der Zeitgeschichte rekonstruierte er die Zeitspanne seit seiner Zeugung im Jahre 1517. In einem Vorwort gibt er eingehend Auskunft zur intendierten Schreibsituation. Er versteht die im Ich-Stil gehaltenen Aufzeichnungen als vertrauliches Gespräch mit seinem Nachfolger in der Stellung des Hausvaters des Hauses Weinsberg. Eine Veröffentlichung des Textes lag also nicht in Weinsbergs Absicht. Erst die Berücksichtigung dieser intimen Kommunikationssituation erlaubt eine zutreffende Beurteilung der im Laufe der Jahre mehr und mehr ausufernden Berichte. Ein von Weinsberg angelegtes Amtsbuch der Kirchmeister von St. Jakob befindet sich im Historischen Archiv des Erzbistums Köln. Eine Edition wird vorbereitet. Geschäftsschrifttum Weinsbergs wird neben den 4 Büchern im Historischen Archiv der Stadt Köln aufbewahrt.
Die drei Gedenkbücher Weinsbergs (Liber iuventutis 1518-1577, Liber senectutis 1578-1587, Liber decrepitudinis 1588-1597, zusammen über 2500 Blatt) sind früh als wertvolle Quelle zur Geschichte Kölns im 16. Jahrhundert erkannt worden. In zwei Blöcken zu jeweils zwei Bänden publizierte die Gesellschaft für rheinische Geschichtskunde 1886/87 (bearb. von Konstantin Höhlbaum) und 1897/98 (bearb. von Friedrich Lau) eine Auswahledition. Als zu trivial oder anstößig beurteilte Textpassagen wurden übergangen. 1926 erschien ein in erster Linie kulturgeschichtlich ausgerichteter Nachtragsband (bearb. von Josef Stein), der auch Auszüge aus dem Buch Weinsberg bekannt machte.
 
 
Empfohlene Zitierweise des Beitrags: Manfred Groten: Zum Werk Hermann Weinsbergs, in: Die autobiographischen Aufzeichnungen Hermann Weinsbergs — Digitale Gesamtausgabe, URL: <http:// www.weinsberg.uni-bonn.de/ Weinsberg. htm> (Datum).
 
 
nach oben
 
 
Joseph Stein: DIE FAMILIE WEINSBERG [*]
 
Die hier mitgeteilten Stammtafeln der Familien Weinsberg, Heresbach, Deutz usw. stützen sich in der Hauptsache auf zwei Uebersichten, die uns Weinsberg in den Jahren 1550 und 1578 über alle lebenden Familienmitglieder gibt. Diese Uebersichten finden sich im sog. Materialienbuche fol. 192-197 und im lib. Sen. fol. 40-45'. Dazu wurden noch herangezogen die weiteren genealogischen Aufzeichnungen Mat. fol. 214-242 und zu weniger wichtigen Ergänzungen das gesamte gedruckte und ungedruckte Material. Die Nachweise aller einzelnen Stellen unterbleiben im folgenden, weil sie ohne besonderen Nutzen die Darstellung zu sehr beschweren würden.
In der ersten Uebersicht über seine ganze Familie mit allen Zweigen zählt Weinsberg 37 lebende Mitglieder auf. Dabei zählt er die in die Familie hineingeheirateten Männer nicht mit, wohl deren Kinder. Desgleichen zählt er die Frauen seiner Brüder nicht mit. Er nennt mit dem Namen Weinsberg 11 Mitglieder (darunter 2 uneheliche), Heresbach auch 11 (darunter 1 uneheliches), Kuckelmann von Aich 5, Bremgin 3, Jabach 2, Ordenbach 2, Deutz 1, Muller van Aich 2.
Im Jahre 1578 in der Einleitung des liber Senectutis führt er nochmals alle "bloitzverwanten, von fatter und motter mit zugetain" auf. Es sind jetzt, gezählt nach dem gleichen Verfahren, 36 Mitglieder. Wenn man die diesmal mitgenannten Mitglieder der Familie von Weinsbergs Mutter hinzunimmt, steigt die Zahl auf über 50. Es werden aufgezählt von der Familie Weinsberg 10, Heresbach 3, Bremgin 1, Jabach 1, Ordenbach 7, Deutz 7, Alsteden 1, Muisgin 1, Kling von Valendar 2, Lintlar van Dutz 1, Polhem 2.
Weinsberg gibt nun von jedem einzelnen Verwandten einen gedrängten Lebenslauf und eine kurze Charakteristik. Im folgenden sei das Wichtigste daraus mit einigen Ergänzungen aus dem sonstigen Material wiedergegeben. Die Reihenfolge entspricht den Nummern in den Stammtafeln.
1) Weinsberg versichert an den verschiedensten Stellen ausdrücklich, daß sein Urgroßvater Frowin geheißen habe. Sein Wohnsitz war Dorholtsiepen im Kirchspiel Schwelm. Die mitgeteilten Jahreszahlen sind wohl unglaubwürdig.
2) Ueber Gottschalk van Swelme vgl. seinen oben mitgeteilten Lebenslauf.
3) Ueber den sog. Patroclus vgl. die Einleitung.
4) Maria Keppel war die Tochter des Gerlach Keppel, der mehrfach Ratsherr (1482-1502) und von Beruf Gewandschneider und Tuchhändler war. Seine Frau ist angeblich Mirmica (oder Mirice) Vateins von Bretten. Gerlach starb um 1510. Maria hatte 2 Brüder, Christian Keppel, der Kanonikus von s. Georg war und um 1525 starb, und den Goldschmied und Ratsherrn (1524-29) Johann Keppel. Letzterer hatte wieder 3 Söhne, von denen der erste, Johann, "boichsetzer" wurde und sich in Leipzig verheiratete; der zweite, Bartholomäus, wurde Goldschmied und verheiratete sich in Augsburg; der dritte wurde "jubiler" und lebte in Venedig.
5) Ueber Christian von Swelme, gen. Weinsberg, vgl. den ausführlichen Lebenslauf.
6) Drutgin von Weinsberg war 1550 die einzige noch lebende Tante Hermanns. Sie hatte vor ihrer Hochzeit das Seidenamt gelernt, dann den Peter Heresbach geheiratet. v. d. Ketten nennt sie Bd. IV, fol. 328 b irrtümlich Gertrud von Weissenbergs. A. 1578 war sie blind und lahm, aber noch geistig rege und gesprächig. Sie wurde von ihrem Sohne, dem Obersiegler Ludgerus Hersbach unterhalten; vom Berufe ihres Mannes her wurde sie "bestelmeistersche" genannt.
7) Maria Weinsberg heiratete am 11. Febr. 1521 auf Fastabend den Johann Kuckelmann van Aich, der zum "Kovolt in der Hellen" wohnte, sich mit Seidefärben ernährte und später durch Weinsbergs Vermittelung Burggreve zu s. Severin wurde. "Sei plach mit linendoich den Rhein und die Mosel uff zu handlen -, hatte wenich troist van irem man, der sclecht war." Sie hatte 13 Kinder, von denen 8 nach wenigen Jahren wieder starben, darunter 3 an der Pest. Der älteste Sohn Karl (* 25./1. 1522, † 31./12. 1558) besuchte die Schule s. Severin, dann die Schule zu Herford in Westfalen. Er wurde Präbendat in der Kronenburse in Köln, "hat in bursa Kuck (Kuckana auf dem Eigelstein) in artibus studiert". Darauf wurde er durch Vermittlung des Christian Weinsberg, wenn auch etwas gegen seinen Willen, Prämonstratenser zu Knechtsteden und später Pastor zu Hoengen im Landkreise Aachen (Dekanat Jülich) [1]. Zwei Töchter, Merg und Feigin traten 16- und 10jährig ins Kloster s. Maria-Bethlehem in der Reimersgasse ein. Merg war auf einem Beine lahm. "Sei haben sich beide willichlich in das cloister begeben, die Feigin doch lieber dann die Merg, und ging in besser darin dan bei dem fatter, da es spack zuginge" [2]. Beide erlagen im Oktober 1564 der Pest.
Das 10. Kind ist Johann, der die Schule s. Severin besucht, aber später weder lesen noch schreiben kann. Er kam zu einem Pelzer in die Lehre. Weinberg nennt ihn einmal "halb leufer, halb bitler" [3]. Er heiratet 1560 Beilgin van Siberch, die mit zwei Kindern 1564 im September der Pestepidemie erliegt. Im Oktober desselben Jahres heiratet er zum zweiten Male Tringin Wildermanns, gebürtig zu Aachen, Witwe des Schröders Lodowich von Dulken. Er fällt 1567 als Söldner, II, 162.
Das 12. Kind ist Stingin, die auch weder lesen noch schreiben konnte und im elterlichen Hause diente. An anderer Stelle behauptet Weinsberg, sie habe das Seidenamt gelernt. Sie war bei ihrer Heirat "noch fast jonk und wilt, und wir kirden allet fleiss an, das es uiss den foissen mogt komen." Sie heiratete 1561 den Kesselschläger Sweder von Polhem. Beide starben an der Pest 1564 und hinterließen zwei Kinder; Gottschalk * 5./4. 1562 und Feigin * 11./6. 1563. Gottschalks Vormund wurde Gottschalk Weinsberg, der Bruder des Chronisten, der ihn später zu einem Goldschmiede in die Lehre gab. Feigin lernte lesen und schreiben und trat ins Kloster s. Maria-Bethlehem ein.
Maria Weinsberg starb einen Monat nach Geburt ihres 13. Kindes und wurde begraben zu s. Severin im Umgang. Johann Kuckelmann aber heiratete nochmals eine Greit Halmeiersche, von der er keine Kinder bekam.
8) Sophia Korth, die Mutter unseres Chronisten, war die Tochter des Hermann Korth, Zöllner zu Dormagen. Ihre Großmutter mütterlicherseits war jene Gutta Dorpmann, die 1527, fast hundertjährig, eine große Familie, darunter den jungen Hermann Weinsberg, um sich versammeln konnte. Sophias Bruder Wilhelm hatte eine Tochter, Agnes Korth, die ein uneheliches Kind mit Johann von Zulch, dem Studienfreunde Weinsbergs, hatte, später einen Schiffer heiratete und mit ihrem Manne "verdarb". Die Schwester und der Bruder der Sophia heirateten ebenfalls und gründeten zahlreiche Familien in Ichendorf und Worringen. Weinsberg kennt seine Vettern und Basen nur wenig und weiß meist nur vom Hörensagen von deren Heiraten und Kindern. Einige von ihnen kommen nach Köln als Handwerker, einer auch als Student in die Kronenburse (Herman Korth, † 1540 peste), die meisten aber gehören zur Landbevölkerung in Ichendorf, Langenich b. Kerpen, Zons, Mechtern, Knechtsteden usw. Ihre Personennamen kommen in der Chronik fast nirgends vor und werden etwas genauer nur bei der zweiten Familienübersicht 1578 zusammengestellt.
9) Geirtgin Weinsberg ist die uneheliche Tochter des Christian Weinsberg und der Magd von dessen Mutter. "Die moder und malstadt ist nit offenbar." Sie wurde zu Kerpen und Dormagen auf dem Lande erzogen. Später war sie in Köln und auswärts Dienstmagd. Mit 30 Jahren wurde sie von ihrem Vater an den Scheidenmacher Peter von Aich verheiratet, vgl. I, 257. Von ihren 7 Kindern starben 1553 5 an der Pest und die zwei letzten 1564 desgleichen! Von einem ein Jahr alten Kinde berichtet Weinsberg als Merkwürdigkeit, daß es weder Wein noch Bier trinken mochte!
10) Ueber Hermann Weinsberg, unsern Chronisten, seine beide Heiraten und sein einziges, uneheliches Kind vgl. die gesamte Chronik.
11) Hermanns Schwester Maria lernte in ihrer Jugend lesen und schreiben, "linen und wollen" nähen, verstand auch etwas vom Weinhandel. Sie heiratete am 31. Aug. 1545 zu s. Jacob den Peter Ordenbach [4] und bewohnte mit ihm das Haus zur Löwenkuhle auf der Hohepforte. Sie trieben Weinhandel und Weinausschank. Peter war zudem Steinmetz und handelte "mit harten steinen und bawwerk". Er war Ratsmann des Steinmetzeramtes (1548-1551), Bannerherr und später Umlauf der Stadt Köln. Nach seinem Tode lebte Maria wieder vom Weinausschank. Ihr Todestag ist unbekannt, da sie ihren Bruder überlebte. Ueber ihre Kinder vgl. Tafel III.
12) Katharina Weinsberg lernte auch lesen und schreiben, später war sie in siebenjähriger Lehre für das Seidenamt bei Meister Melchior Koch "zu Salecken under Helmscleger" (s. Topogr. I, 200 b 1, 2). Sie heiratete am 24. Jan. 1548 den Salpetermacher Johann von Deutz, der auf dem Neumarkt wohnte und dort auch Wein verzapfte. Johann Deutz ist vereidet auf der Brauergaffel, wo sein Vater Reinhard ein berühmter Ratsmann und Gewaltrichter war. In seiner Jugend nahm Johann in den Niederlanden Kriegsdienste und trieb später Krämerei. Wegen Streites mit den Nachbarn vermietete man das Haus auf dem Neumarkt und zog auf den Hunnenrücken. "Die dewre jaren (1578) haben innen auch ire narung geswecht". Ueber ihre Kinder und deren Familien s. Tafel III.
13) Christian Weinsberg ging zu s. Georg und zu Emmerich zur Schule, lernte das Tuchschereramt auf dem Neumarkt bei Reinhard van Bruwiler, wanderte dann seinem Handwerk nach bis Antwerpen, Bremen, Lübeck und Hamburg. 1550 lebte er in Köln vom Weinzapf im Hause Weinsberg und wollte Weinhändler werden. Er heiratete am 29. Mai 1559 die Catharina von Hemmersbach, Tochter von Johann Hemmersbach und Lucia von Suchteln, und Witwe Heinrichs von Efferen mit 3 Kindern. Aus späterer, dritter Ehe hat sie ein Kind, Eva Paulus, die in den letzten Jahren im Hause Weinsberg wohnte und eine Rolle im Mordprozesse spielt. Vgl. II, 105. Christian ist viermal Ratsherr für die Gaffel Schwarzhaus gewesen (in den Jahren 1553-62) und starb an der Pest, vgl. II, 131-32.
14) Gottschalk Weinsberg ging zur Schule zu s. Jacob, s. Georg, s. Brigiden und "im Dale bei her Goddert", lernte 4 Jahre das Buntwerker(Kürschner)amt am Malzbüchel bei Meister Gobbel van Hilden. Dann wanderte er nach Handwerkerart nach Reissel (Lille) und Antwerpen. In Lille hatte er mit der Magd seines Lehrherrn ein uneheliches Kind. In Antwerpen blieb er bis 1550. Er heiratete am 2. August 1552 Tringin Wolffs, die eine Nichte von Weinsbergs erster Frau war, "in meinong, ein veheschriber (am Haif) zu werden", denn diesen Beruf übte sein Schwiegervater aus, II, 14, 15. Am 4. März 1553 starb aber der Schwiegervater schon und am 26. Juli auch Tringin an der Pest, II, 35-37. Gottschalk ernährte sich nun vom Weinhandel und heiratete am 26. Nov. 1554 Elisabeth Horns, mit der er aber auch keine Kinder hatte. Er mietete das Haus "zum Kluppel" auf der Hohepforte und trieb dort Weinhandel. Er war 3mal Ratshers vom Schwarzhause aus in den Jahren 1561-67. A. 1568 wurde er Hausmeister im Fischkaufhause, was er bis zu seinem Tode blieb. Nach dem Ableben der Mutter zog er ins Haus Weinsberg und hielt dort mit seinem Bruder Hermann Haus. Wie dieser betätigte er sich auch als Kirchmeister von s. Jacob und erscheint überhaupt als dessen Vertrauter in den letzten Jahrzehnten. Er endigte wenige Monate nach dem Tode seines Bruders an den Folgen eines Selbstmordversuches. Seine Frau überlebte ihn.
15) Hieronimus Weinsberg ging zur Schule s. Georg und s. Laurenz, lernte das Riemenschneideramt bei Meister Henrich van Linnich auf dem Altenmarkt, entlief diesem aber und ging nach Antwerpen. Dann lernte er das Buntwerkeramt bei Johan Aldenhoven in der Schildergasse (I, 256). Später wanderte er viel nach dem Oberland, Brabant, Danzig, Lübeck und Hamburg. Nach der Meinung seines Bruders ist er ein unruhiger Geist, der nirgends lange bleiben kann. Er starb mit 19 Jahren in Hamburg, II, 22.
16) Sibilla Weinsberg mit Gottschalk und Hermann eine der Hauptpersonen der Weinsbergischen Familie. "Die beiden goden heischen Beil ader Beilgin, [...] min motter heisch sei Beilgin, ich arbeite darin, das der nam Sibilla in den brauch quam, darbei sei pliben ist." Sie "kont lesen, schriben, nehen und sticken und deinte den altern". Nach dem Tode des Vaters diente sie der Mutter beim Weinzapf. Sie heiratete am 4. Aug. 1562 den Conrad Eck, der "des besehers sohn von Lahnstein" und "sines hantwirks ein faßbender und weintappenerer" war. Ueber ihn und sein schlechtes Auskommen mit Sibilla s. die Chronik. Sie wurden später von Tisch und Bett geschieden. Sibilla lebte dann bei ihrer Mutter und zuletzt mit ihren beiden Brüdern zusammen. Zum zweiten Male heiratete sie nach umständlichen Verhandlungen (siehe Chronik) den Brauer Johann von Worringen, der aber schon 1592 starb. Sie wurde 1598 von ihrem Neffen Hermann wegen Testamentsstreitigkeiten ermordet.
17) Feigin Weinsberg ist das jüngste von 11 Geschwistern. Sie war schwach von Körper und wurde deshalb früh ins Kloster Maria-Bethlehem getan, "da es zucht sulle leren, zampt schriben und lesen, auch in meinung, darin zu bliben". Sie starb dort schon mit 27 Jahren.
18) Anna Weinsberg ist Weinsbergs einziges und uneheliches Kind von der Dienstmagd seiner Mutter, Greitgin Olups (von Olpe), Tochter eines benachbarten Schröders, s. I, 257. Sie wurde erzogen in Ichendorf und Langenich, wo Verwandte Weinsbergs wohnten. Dann wurde sie in Köln weiter erzogen bis zum 20. Lebensjahre. Sie lernte bei Weinsbergs Mutter Nähen und Sticken, konnte auch lesen und etwas schreiben, II, 105. "Und do mit miner motter und ander frunde rade, auch irem eigen willen, hab ich sie - in das convent Marien Bethlehem in der Reimersgassen von s. Francisci orden getan -". A. 1566 wurde sie eingekleidet (II, 147) und tat 1568 (II, 180 ff.) Profess, "da sie eitz wol zufreden ist und wol gehalten wirt". Sie wurde apäter Vorsteherin (mater) des Konventes und starb um 1601.
19) Hermann Weinsberg, der jüngere, verlor mit 4 Jahren seinen Vater und kam dann zur Großmutter zur Erziehung, zeitweilig auch zu Conrad Eck und dann wieder ins Haus Weinsberg, "da er s. Jacob schoelen hat gangen, darnach ad bursam Laurentzianam, da er eitz grammaticus ist, [...] ist eitz a. 1578 bei mir zu Cronenberch, wart siner bursen mit [...]". Er kam zu keinem Abschluß im Studium, war in späteren Jahren persönlicher Diener seines Oheims, der sich in seiner Art um ihn sorgte und zum Haupterben einsetzte, s. Einleitung. Hermann wurde später Notar, ohne daß man etwas von einer Betätigung in diesem Berufe hört. Er ermordete nach dem Tode seines Oheims seine Tante Sibilla und starb im Kerker.
20) Gottschalk Weinsberg, der Bruder des vorigen, ging zur Schule s. Jacob, in die Laurentianer Burse und zu einem Schreibmeister. Nach dem Tode des Vaters wurde er bei der Großmutter erzogen "und nach der toit hat er bei mir und sinem swager Alsteden gewont, gedeint und mit geschriben, und dieweil er gar kein genoigte zum lesen und boichen hat, auch kein rent noch kauffmans ankommen und gutt, hat man innen (1578) an das zimmerampt bei meister Daim von Nettesheim in die Butgass getain, das ampt zu leren, in hoffnung, er sult ein bawmeister werden und broit mit essen". Er erscheint stets als der Sympathischste der jungen Generation und ist der Einzige, der den legitimen Stamm fortsetzt. Er heiratete am 3. Nov. 1585 Margaretha von Swelhem und hatte nach Ansicht des Oheims viel mit wirtschaftlichen Schwierigkeiten zu kämpfen. Weinsberg erwähnt 7 Kinder aus dieser Ehe, von denen weiter nichts bekannt ist als ein Testament des zweiten Sohnes Gottschalk aus dem Jahre 1608 vom 27. Sept. (Test. W. 194), das einen Einblick in zerrüttete Familienverhältnisse tun läßt, - und eine kurze Erwähnung des 6. Sohnes Johann in den Ratsprotokollen vom Jahre 1621, wo er in Erbstreitigkeiten mit seinem Stiefvater Melchior Kopp liegt (Rp. 67, fol. 368). In dem Nachlaßband werden gelegentlich noch weitere Kinder, Benedict, Elsgin und Margarethe erwähnt.
21) Peter Weinsberg ist das einzige und uneheliche Kind Gottschalks, der in Reissel (Lille) mit der Dienstmagd seines Lehrherrn Beziehungen hatte. Die Mutter brachte das kleine Kind nach Köln (II, 19, 20). Peter wurde dann in Ichendorf und Köln erzogen, lernte lesen und schreiben, diente als Knecht in Antwerpen. In Köln lernte er das Kerzenmacheramt und bekam die Stelle eines Offermanns in s. Maria ad Gradus. Am 31. Aug. 1578 heiratete er Anna van Gusten, die Tochter Jacobs van Gusten und Geirtgins van Werden in der Rheingasse. Von ihren 11 Kindern lebten beim Tode Weinsbergs nur noch 4, von denen weiter nichts bekannt ist.
22) Peter Heresbach (oder Hersbach, wie Weinsberg stets schreibt) heiratete im Herbst 1518 in die Familie Weinsberg. Er war ein Bruder des berühmten Humanisten Dr. Konrad Heresbach [5] und von Beruf ein Kaufmann "mit scharzen, zeichen- und leckwirk". Er wurde später, wohl durch Vermittlung seines Bruders, "kuchenmeister und bestelmeister" des Herzogs von Jülich. Er wohnte in Köln im Hause zum Hollunder auf der Hohepforte, das er 1538 prächtig umbaute. Er starb 1540 (oder 41) an der Pest, als er in Frankfurt die Messe besuchte, und wurde dort im Massengrabe beigesetzt.
23) Sein ältester Sohn ist Christian Hersbach, der im Hause Weinsberg geboren wurde und den Namen vom Bruder der Mutter erhielt. Er besuchte die Schulen s. Georg, auf der Sandkaul und zu s. "Loen" (Elogiusplatz), desgl. zu Cleve und Deventer. Er war der Studienfreund Weinsbergs auf der Universität Köln [6], wurde lic. artium et legum. Zu s. Severin erhielt er die Würde eines Kanonikus und Kamerarius, "hat ordinem subdiaconatus gehat und ist nit weiters geweihet gewest". Später "verleiss [er] die vurs. prebende und wart canonicus s. Cassii Bonnensis und daselbst official".
24) Maria (Merge) Heresbach lernte lesen und schreiben, "ist darnach ein vurstendersche worden bei Barbarn Maess uff der Sohe (Unter Seidmacher), von dan sei komen wonen bei doctor Conrat Hersbach uff das Lauwer-werk boven Reiss [7], der hat sei a. 1543 den 6. mai zu Wesel bestadt an einen betagten widman, genant Henrich Bremgin, hat mit allerlei kaufmannschaft und kremerei umbgangen (mit siden, spitzerei und venedischs werk, I, 192) zu Frankfort, zu Antwerp und derglichen, ist seir rich gewest, ist auch zu Wesel rentmeister worden." Sie wohnten in Wesel im eigenen Hause und hatten 3 Kinder, von denen aber nur das jüngste, Peter Bremgen (* 1549), älter wurde, "hat [...] zu Coln und anderswahe in fremden stetten und landen wie noch studeirt und sich versucht, ist eitz (1578) elterloiss, doch habselich und unbestattet".
Maria Hersbach heiratete nach dem Tode des Henrich Bremgin (zwischen 1550 und 1552) nochmals und zwar den Junker Weirich Muisgin, baccalaureus juris und Schöffe am Hohengericht. Beide lebten nicht mehr lange und hinterließen einen Sohn, Johann Muisgen (* 1553 10./11. im Eckhause Herzogstr.-Streitzeuggasse), von dem Weinsberg mit Stolz erzählt, daß seine "avia materna ein dochter aus dem haus Weinsberch gewest ist, und ist also das paradisischs muisgin drin komen". Johann Muisgin studierte 1578 noch in Köln und auswärts.
25) Tringin Hersbach wurde im Hause zum Hollunder auf der Hohepforte geboren, lernte lesen und schreiben. Sie wurde in jungen Jahren ins Kloster zu den Weißen Frauen getan, um dort zu bleiben, wozu sie auch willig war. Die Mutter nahm sie aber heraus und ließ sie das Seidenamt erlernen. "Darnach wart sei a. 1545 15./6. an einen jongen alten gesellen bestadt, genant Arnt Jabach, der sins hantwerks ein bontworter was, dreiff es aber nit, dan er handlet mit bontwerk und sidewerk zu Frankfort, zu Antwerp, Straßburch und Litzich, und gebruchde des sideampt, haven eirst in der Rhingass, darnach under Spermacher in zinsheusern gewont" (bis 1550). Von ihren 3 Kindern starben die beiden jüngeren in frühen Jahren. Das älteste, Katharina Jabach, lernte lesen, schreiben und das Seidenamt. Nach dem Tode beider Eltern heiratete sie am 3. Febr. 1565 den Kölner Buntwerker und Woinhändler Jacob Kling (Klyng oder Klein) von Valender. Sie wohnten auf dem Eigelstein. Weinsberg erfährt erst 2 Monate nach der Hochzeit von dieser Ehe, ebenso kennt er nicht die genaueren Daten der 4 Kinder aus dieser Ehe, von denen auch nur das erste, Johann Kling von Valender, älter wird. In 2. Ehe heiratete Katharina Jabach den Weinhändler Jacob Brocher am 5. Aug. 1578, aus der ein Kind, Jacob Broicher (* 1579) entstammte. In 3. Ehe heiratete sie den Ambrosius van der Eicken (6. Juni 1581) und hatte auch aus dieser Ehe ein 1584 geborenes Kind.
26) Konrad Heresbach hat seinen Vornamen von seinem Paten Dr. Konrad Heresbach. Er besuchte die Schulen s. Georg und s. Marien, lernte das Faßbinderamt und half seiner Mutter nach dem Tode des Vaters, "ist ir son, man und knecht gewest, hat ir iren handel trulich uisgericht zu Frankfort, Antwerp, Litzich, Lutgen mit sidewirk, schartzn, werk zeichen, winen und allerlei kaufmannschaft, hat auch selbst uis erleubnis siner moder vur sine eigen heubt etwas mitgehandlet". Er heiratete am 15./7. 1565 Greitgin Woist von Niederwesel und hatte von ihr 6 Kinder. Im Pestjahr 1577 starben am 25./8. die Kinder Sibilla und Konrad, am 7./9. starb der Vater Konrad und seine Tochter Mechtild, denen am folgenden Tage das 8jährige Drutgin folgte. Die Mutter zog sich mit Weinsbergs Einverständnis in dessen Weingarten in der Achterstraße zurück, wo sie gleichfalls nach 8 Tagen der Pest erlag. Sie wurden alle zu s. Jacob begraben. Das jüngste 3jährige Kind, Kathringin Heresbach, war die einzige Ueberlebende und kam "in das underst convent in der Stolkgassen gegen dem hospital uber" zur Erziehung.
27) Feigin Heresbach lernte auch lesen und schreiben, kam dann zur Tante Maria Heresbach (siehe Nr. 24) nach Wesel, um dort und später im Hause der Mutter bei der Hausarbeit zu helfen. Sie heiratete i. J. 1552 den Hilger Lintlar von Deutz und hatte von ihm 5 Kinder. Im Pestjahre 1564 starben von diesen 4, desgl. die Mutter Feigin mit ihren beiden Dienstmägden. Nur das 3. Kind überlebte dieses Jahr, Lutger Lintlar van Dutz Er war geboren in der Wohnung der Eltern "an eim eck in der Salzgassen", lernte lesen und schreiben und das Faßbinderamt beim Oheim Konrad Heresbach. Nach dessen Tode diente er in Straßburg bei einem Herrn (1578).
Er wurde später Ratsherr, Bannerherr der Faßbinderzunft und heratete eine Sophia Meinerzhagen. (Vgl. Wilhelm Geelen, Ahnentafel des Kölner Bürgermeisters Johann zum Pütz, in den Mitteilungen der Westd. Ges. für Familienkunde, Bd. Nr. I 329.)
28) Barbara Heresbach lernte auch lesen und schreiben und wurde mit ihrer Schwester Tringin ins Kloster, und später von der Mutter wieder herausgenommen und zu Hause gebraucht. Sie ging aber dann wieder ohne Einwilligung der Eltern ins Kloster Marienforst und starb dort als professa.
29) Iheronimus Heresbach besuchte die Schule s. Georg, lernte das Faßbinderamt bei Meister Christian auf der Hohepforte und machte als Handwerker große Wanderungen nach Hamburg und Lübeck, Italien, Spanien, Frankreich und Brabant, vgl. II, 103.
30) Ludger Heresbach hatte zum Paten den Kanonikus zu s. Severin, Ludger von Rodenberg. Er ging zur Schule s. Georg und besuchte die Schulen und Universitäten Deventer, Löwen, Köln, Paris. Mit den Grafen von Manderscheid ging er nach Italien. Er promovierte zum lic. jur. in Köln, wurde Kanonikus von s. Severin und s. Andreas, sowie Kurfürstl.Kölnischer Obersiegler. A. 1578 wohnte er als Scholaster zu s. Severin. Er starb a. 1605 im Okt. [8].
31) Peter Heresbach, ging zur Schule s. Georg, wurde "canonicus s. Severini Coloniensis, s. Cassii Bonnensis, auch zu Wischel im lande van Cleiff, ist jonk gestorben und licht zu s. Severin".
32) "Disser Jacob (Heresbach) ist auch ein bastart son Conrad Hersbachs gewest, den er mit siner moder magt [9] [...] gezillt hat, ist a. [9] [...] in Coln geboren und in das Bergsche lant verschickt worden zu zehen." Späterer Zusatz: "Ob disser toit sie, weiß ich nit, dan hab siner an 30 jarn nit mehe red gehoirt."
33) Christian von der Ordenbach wurde geboren im elterlichen Hause "zur Löwenkule" auf der Hohepforte "circa ante prandium difficili partu, baptizatus altera conversionis s. Pauli, Martini in parochia, hat zu s. Jacob, s. Georgen, s. Andreae, auch zu Deventer und Treir schol gangen und studeirt." Er wurde Kanonikus ad Gradus Mariae, daselbst Praesenzmeister, Kellner und Thesaurarius und hielt ein eigenes Haus. Er wurde später Decanus und Kanonikus s. Mariae Wormaciensis.
34) Feigin Ordenbach lernte lesen und schreiben, dann 6 Jahre lang das Seidenamt bei Caecilia Bruns in der "Bottegass". Darauf zog sie wieder zu ihrer Mutter, half haushalten und nähte und stickte im Hause. Am 24. Okt. 1580 heiratete sie den Reinhard Balick (oder Balck) van Udem, der kein Kölner Bürger und anscheinend Kaufmann war, "hat kein gerechtigkeit zu zappen". Sein Bruder ist der lic. Johannes Balck [10]. Feigin betrieb die Verlobung, obwohl die Verwandten Schwierigkeiten machten, weil Balick Auswärtiger war. Feigin war viel krank und starb bald mit ihrem Kinde an der Brustkrankheit.
35) Tilman Ordenbach ging zur Schule s. Jacob, s. Georg, s. Andreae und bei den Jesuiten, "fort in jure, da er baccalaureus juris worden". Als Student zog er nach Freiburg und anderen Universitäten, promovierte zum Dr. jur. in Valence in Südfrankreich, kehrte dann über Paris, Antwerpen, Mastricht nach Hause zurück und lebte hier als Advokat bei seinem Bruder Christian. Später wurde er Beisitzer am Kammergericht zu Speier und starb dort.
36) Gottschalk Ordenbach besuchte die Schule s. Andreas und lernte bei einem deutschen Meister lesen, schreiben und rechnen, ging dann zum Riemenschneideramte. I. J. 1578 diente er einem Wormser Kaufmanne und war noch unverheiratet.
37) Maria Ordenbach lernte lesen, schreiben und nähen, neigte dem geistlichen Stande zu und wurde Klosterjungfer zu s. Reinold in Köln, lebte noch 1578.
38) Peter Ordenbach besuchte die Schule s. Jacob, die LaurentianerBurse und Jesuitenschule, ging auch ein Jahr in Düsseldorf zur Schule, "hat possessionem eines canonicati ad Gradus Mariae gehat, dieselb widder resigneirt, solt darnach zum Altenberge ein monch werden, aber die meinung wart auch verendert, geht eitz (1578) bei siner motter, hilff dern auch mit uff die schreiffschoil -".
39) Kathrina Ordenbach lernte lesen, schreiben und nähen und half 1578 als Mädchen bei ihrer Mutter. Die Todesjahre von Maria, Peter und Katharina sind unbekannt, können aber nur nach dem Todesjahre Weinsbergs liegen.
40) Beilgin van Dutz ist das 3. Kind unter 15, die rasch aufeinander folgen. "Ist nit vil jar alt gewesen, do es bei min motter uff die Bach zu Weinsberch ist komen, da fort an erzogen und zur schoelen gehalten worden." Sie wurde später professa zu Maria-Bethlehem.
41) Elsgin van Deutz "ist bei den eltern erzogen, lesen, schriben, nehen gelernt, darnach uff dem Domhoff zum Wilden Mann bei dem hohengericht (bei) einem sidenkremer gewont". Sie heiratete am 17. Nov. 1573 Petrus Alsteden, sententiarius in aula curiae Coloniensis. Die Eheleute wohnten unter Sachsenhausen, "im neuen Eckhause an der neuen Bursgasse" (kleine Neugasse). Dieser Ehe entsprangen 2 Mädchen, von denen nur das ältere zu Jahren kam. Nach dem Tode Alstedens an der Pest heiratete Elsgin zum zweiten Male Adolf von Eller, gen. Fix, der von Eller bei Düsseldorf gebürtig war. Er war von Beruf Notarius publicus, Licentiat und Magister. Die Heirat fand statt am 7. Jan. 1584, das erste Kind Eiffgin war schon 1582 geboren.
42) Engin van Deutz "bei den eltern eirst erzagen, da sie lesen, schriben, nehen geleirt, darnach bei (einen) kremer uff s. Maximinenstrassen verdingt worden, und als die frau in dem haus verstorben, ein zitlank widder bei iren eltern und sustern Elsgin an- und abgangen, doch eitz (1578) zum Ancker auf dem Altermarkt bei Peter von Lennep gewantsnider verdain worden". Sie wurde später Professa im Kloster s. Claren in Köln.
43) Reinhard Deutz ging zur Schule s. Aposteln und s. Peter, dann zum Goldschmiedeamte. Sein erster Meister Georg von Hattingen starb, und so kam er zu einem andern Meister in der Bürgerstraße. Dort lernte er noch 1578. Aus dem Nachlaßbande sind uns 3 Heiraten Reinhards bekannt, mit Catharina Ponell, die an der Pest starb, mit Elsgin Koch und Catharina Mynawe, von der unbenannte Kinder erwähnt werden.
44) Elisabeth von Deutz ist die 3. ihres Namens unter den Geschwistern. Sie ist bei den Eltern erzogen und lernte lesen, schreiben und nähen, Sie wurde mit ihrer Schwester Engin im Kloster zu s. Claren eingekleidet, trat aber nachher ohne Profeß wieder aus.
45) Johann von Deutz ist nicht im Hause zum Aren auf dem Neumarkt wie die andern Kinder geboren, sondern im Hause Weinsberg, wohin die Familie geflohen war, da ihr innerhalb zweier Monate 4 Kinder gestorben waren. Er besuchte die Schulen s. Aposteln, s. Mauritz und s. Revilien (= Ursula). Von Beruf war er Steinmetz und Brauer, und als seine Frau wird eine Margarethe von Aussem erwähnt.
46) Von Gottschalk van Deutz weiß Weinsberg a. 1578 nur zu sagen. daß er auch die Schulen s. Mauritius und s. Revilien besucht.
Im ganzen zählt Weinsberg zu seiner engeren und weiteren Familie 176 Personen, mit Ausnahme der Familie Korth, die auch in dieser Aufzählung unberücksichtigt bleibt. Von diesen 176 starben im Alter unter 15 Jahren 57, das sind 30, 1%. Es erlagen der Pest 41, das sind 23,3%.
 
[*] Joseph Stein im Anhang zu Das Buch Weinsberg. Kölner Denkwürdigkeiten aus dem 16. Jahrhundert, Fünfter Band, Kulturhistorische Ergänzungen, Bonn 1926, S. 501-511.
[1] Vgl. I, 125.
[2] Juv. fol. 184'.
[3] I, 136.
[4] Vgl. Vogts, Kölner Wohnhaus, S. 255.
[5] Vgl. A. Wolters, Konrad von Heresbach usw. S. 12.
[6] S. Keussen, Matrikel II: 590, 15.
[7] Lorwart, Insel unterhalb Wesel.
[8] S. Keussen, Matrikel der Universität Köln II: 659, 33.
[9] Lücke in der Handschrift.
[10] S. Matrikel der Univ. Köln V 91 a: 701, 149.
 
 
nach oben
 
 
Walter Hoffmann: SPRACHGESCHICHTLICHE EINORDNUNG
 
Die umfangreichen Aufzeichnungen Hermann Weinsbergs fallen in die Phase einer erheblichen Umstellung des schriftlichen Sprachgebrauchs in Köln und im ripuarischen Rheinland. Das 16. Jh. bringt einen massiven Varietätenwechsel in Druck- und dann auch Schreibsprache von einem gerade im 15. Jh. ziemlich konsistenten regionalen Schreibdialekt (Möller 1998; ders. 2000) in eine überregionale (früh)neuhochdeutsche Schriftsprache. Weinsberg selbst beobachtet neben den anderen kulturgeschichtlichen Umbrüchen seiner Zeit auch "die groisse verenderong in der schrift" und beschreibt sie u.a. in einem Eintrag zum Jahr 1584 (Bd. III, S. 232f.). Deshalb kann seine eigene Schreibsprache, die er über fast 40 Jahre (1559-1597) in seinen autobiographischen Aufzeichnungen verwendet, auf vielfältiges Interesse in der Sprachgeschichtsforschung rechnen. Verwendet er (eher) die moderne überregionale Schriftsprache oder bleibt er (eher) bei dem traditionellen ripuarischen Schreibdialekt oder — und wenn, in welchem ‚Verhältnis' — mischt er alte und neue Merkmale? Ändert er seinen Sprachgebrauch im Lauf seines Schreibens? Verfügt er über verschiedene sprachlich-stilistische Register, die er z.B. je naSt. Jakob und St. Georgch Textsorte oder inhaltlichem ‚Stilniveau' einsetzt? Wie läßt sich schließlich seine Schreibsprache in die sonstige rheinische und deutsche Sprachgeschichte der 2. Hälfte des 16. Jhs. einordnen? Diesen und weiteren Fragen ist man bisher nur in ersten Ansätzen nachgegangen und hat nur wenige Merkmale seiner ‚Mischsprache' (v.a. auf der graphematischen Ebene) an kleinen Textausschnitten beobachtet (Balan 1969; Hoffmann 1983/84; ders. 2000). Die vollständige Verfügbarkeit des gesamten Korpus seiner Aufzeichnungen in einer diplomatisch zuverlässigen Edition, die das erste Ziel des Bonner Projektes darstellt, wird es überhaupt erst ermöglichen, die differenzierte Struktur seiner Schreibsprache von der Graphemebene bis zu Syntax und Wortschatz genau zu analysieren und in den sprach- und kulturgeschichtlichen Umbruch des 16. Jhs. einzuordnen.
 
 
Empfohlene Zitierweise des Beitrags: Walter Hoffmann: Sprachgeschichtliche Einordnung, in: Die autobiographischen Aufzeichnungen Hermann Weinsbergs — Digitale Gesamtausgabe, URL: <http://www.weinsberg.uni-bonn.de/ Weinsberg. htm> (Datum).
 
 
nach oben
 
 
Joseph Stein: ÜBER DIE AUSWAHLPUBLIKATION [*]
 
Das Buch Weinsberg ist in erster Linie eine Familienchronik. Es sind genealogische Bestrebungen, die Hermann Weinsberg zu diesem Werke anregten und die den überwiegenden Raum der Handschrift einnehmen. Zur rechten Einschätzung dieser Quelle ist es nötig, die Persönlichkeit des Verfassers scharf zu erfassen. Zwar haben wir von ihm selbst die reichlichsten Angaben über sein Leben und Denken [1], aber man muß tiefer in die Gesamtheit des ungedruckten Materials gesehen und oft zwischen den Zeilen gelesen haben, wenn man das seltsame Wesen und die Motive dieses Mannes klar erkennen will.
Wenn wir uns ein Bild von Weinsbergs äußerer Erscheinung machen wollen, so steht uns nur eine Kohlezeichnung aus dem Jahre 1539, da Weinsberg im 22. Lebensjahre stand, zur Verfügung. Dieses Bild war mit einem entsprechenden des Vaters dem ersten Bande seiner Chronik vorgesetzt und befindet sich jetzt im Eigelsteintormuseum zu Köln. Hier haben wir ein sehr realistisches Porträt des jungen Weinsberg, wie er aussah als Student und Rektor der Kronenburse. Seine Gesichtszüge sind noch recht weich und unbestimmt. Der Blick ist ohne Feuer und fast ohne jeden Ausdruck, die Nase groß, der Mund zwar kräftig, doch weiblich klein; das Kinn tritt aus den fleischigen Wangen nur wenig hervor. Der Gesamteindruck läßt nicht gerade auf einen sehr geweckten und lebhaften jungen Mann schließen. Der Maler hat ohne jede Idealisierung nur die Wirklichkeit wiedergegeben, was besonders klar wird, wenn man gegen das Bild des jungen Weinsberg den Charakterkopf des Vaters hält. Hier findet sich dieselbe Stellung der Augen und der Nase. Doch der Blick ist klar, fast scharf, und Mund und Kinn sind voller Ausdruck und Festigkeit. Schon allein aus diesen beiden Porträts erkennt man, wer der ausschlaggebende Geist in dieser Familie gewesen ist. Und wirklich kann man ja fast jeden Gedanken unseres Chronisten auf seinen Vater zurückführen. In seinen Handschriften [2] finden sich noch mehrere Selbstbildnisse von Weinsbergs eigener Hand, die aber in ihrer Unbeholfenheit uns nicht weiter über sein Aussehen unterrichten.
Sein Leben füllt fast das ganze 16. Jahrhundert aus (von 1518 bis 1597). Er ist aufgewachsen im Reformationszeitalter; sein Mannesund Greisenalter war von der Gegenreformation ausgefüllt und sah noch das erste Wetterleuchten des künftigen großen Krieges. Es zeigt sich in seinem ganzen Lebensgange nirgends irgendwelche hervorragende Begabung, wohl aber eine gute, durchschnittliche Befähigung. Sein Vater bestimmte ihn zum Studium. Er selbst wäre ebenso gern ein Handwerker geworden. Mancherlei Krankheiten hielten ihn in seinen ersten Studien auf der Schule auf. Die Universitätsstudien aber verliefen regelmäßig, die Examina gingen ohne Schwierigkeiten vor sich. Als er sich nun A. 1543 als Lizentiat der Rechte an das "advoceiren" gab, hatte er damit einen ungeeigneten Beruf ergriffen. Er betont selbst, daß es ihm an der nötigen Rednergabe, an Schlagfertigkeit und gutem Gedächtnis gefehlt habe. Als Advokat scheint er auch nur seiner Familie und den Freunden gedient zu haben, wenigstens hören wir kaum mehr darüber. Kurz vorher war er als Rektor der Kronenburse, wozu ihm sein Vater verholfen hatte, auch gescheitert. Seitdem lebte er allein im Hause Weinsberg und beschäftigte sich neben der bescheidenen juristischen Tätigkeit mit allerhand laufenden Besorgungen, besonders in der Familie.
Im selben Jahre, 1543, wurde er von der Gaffel Schwarzhaus zum ersten Male in den Rat gewählt und fing damit eine Beschäftigung an, die ihm sehr lieb und später zur Haupttätigkeit werden sollte. Gleichzeitig sah er sich schon nach einer passenden Heirat um, die ihn für künftige Zeiten wirtschaftlich vollends sicherstellen sollte. Es dauerte aber trotz vielerlei Bemühungen noch 4 Jahre, bis Weinsberg mit diesem Bestreben Glück hatte. Ganz selbstverständlich ging er auf diese Art der Versorgung aus und folgte damit dem Wunsche seiner Familie und dem Zuge der Zeit. Bei seiner ersten Frau erreichte er auch, was er wollte. Sie war zwar beträchtlich älter als er, hatte aber ein bedeutendes Einkommen dadurch, daß sie das Geschäft ihres ersten Mannes weiterführte. In dieser Zeit ging es Weinsberg am besten in seinem ganzen Leben. Er half seiner Frau bei den schriftlichen Arbeiten des Betriebes, ergab sich sonst seinen Liebhabereien und dem jeweiligen Dienste als Ratsherr. Dieser Zustand eines geschäftigen Müßigganges wurde aber anders, als Weinsbergs Vater starb und Hermann an seiner Stelle das Amt des Burggreven (Hausmeister) unter dem Rathause übernahm. Einige Bedenken, ob dieses Amt nicht unter seinem Stande eines Lizentiaten der Rechte sei, konnten ihn nicht behindern. Hier sehen wir ihn nun zum ersten und letzten Male in voller Tätigkeit, die fast 16 Jahre andauerte. Inzwischen starb aber seine erste Frau, mit der er stets gut ausgekommen war. Bald ging er eine neue Heirat ein, zu der ihn ebenso rein wirtschaftliche Beweggründe brachten. Doch diese Ehe sollte nicht so glücken. Wenn man seinen Schilderungen glauben darf, ist er diesmal an eine richtige Xanthippe geraten. Sie bewog ihn auch, wegen ihres bürgerlichen Vorurteils vor einer dienenden Stellung, den Posten eines Burggreven wieder aufzugeben. Nun zog er sich abermals ganz zurück, betrieb mit Eifer seine Ratsherrenpflichten, betätigte sich in seiner Gaffel Schwarzhaus wie auch im Kirchspiele und betrieb die zahlreichen Prozesse seiner Familie. Jedenfalls hatte er keine Tätigkeit mehr, die die volle Arbeitskraft eines Mannes erfordert hätte. Seine verschiedenen Einkünfte aus Renten und Aemtern gestatteten ihm ein bescheidenes Leben ohne große Arbeit. Seine kleinen Beschäftigungen ließen ihm noch genug Muße für sich und seine Lieblingsgedanken. "Den arbeiter hab ich leib und hutten mich selbst darvor und soich eitz nit dan rau und restich leben" [3]. Schon ein flüchtiger Blick auf die Masse seiner Handschriften sagt uns, daß als Schreiber nur jemand in Betracht kommen kann, der recht viel Zeit zur Verfügung hatte.
So müssen wir uns denn vorstellen, daß er sich auf sein "stoiblin", dessen eine Seite tief in die alte römische Stadtmauer hineinging, richtig eingesponnen hatte. Mit viel Liebe wird sein Studierzimmerchen stets erwähnt, und wir wissen genau, wann er es im Jahre bezog und wann er es des kalten Winters wegen mit einem Stübchen neben der Küche vertauschen mußte. Sonst gab ein großer eiserner Ofen mit Kacheln die nötige Behaglichkeit. "Smidtwirk" und "steinwirk" gaben Schmuck, die Wände waren mit Holz getäfelt. Das Fenster gab freien Blick auf den Waidmarkt mit den beiden Kirchen S. Jacob und S. Georg und ließ das lebhafte Treiben der Fußgänger und Wagen auf der Brücke über den Duffesbach sehen. In das Glas des Fensters war eine "ronde" eingelassen, ein Werk des Meisters Heinrich Bruyn, das den Auszug der treuen Weiber aus dem Städtchen Weinsberg darstellte.
Dies Zimmerchen lag auf dem ersten Stocke des Hauses Kronenberg auf der Hohepforte und hatte gleich neben sich den sog. Saal. Dort ging Weinsberg dann nach den Mahlzeiten auf und ab spazieren und ließ sich dabei seine Lieblingsideen durch den Kopf gehen, wie er sein Haus begründen und seine Familie erhöhen könne. "Im haus gain ich vil uff und ab, denk, practiseir, imagineir, singe vur kurtzweil, sol zu zeiten im haus wol ein meil wechs den tag ab und zu spacern, -. Ich bin gern allein und einsam vor mich baussen der malzit; wan ich übrige zit hab, so lese ich historien, croniken, geschichtsboicher, auch geistliche und weltliche sachen" [4].
Selten verließ er in seinen Mannesjahren die Stadt; zumal in gefährlichen Zeiten vermied er ängstlich jede Reise und begnügte sich dann, "oben uff Weinsberch uber die statmauer" die Brände der um Köln liegenden Dörfer zu sehen [5].
In seiner Tracht war er stark konservativ. Obwohl allgemein von Männern kurze Kniehosen ( "Geusenhosen") getragen wurden, ging er stets in langen, enganliegenden Beinkleidern, welche die Füße mit umschlossen und in seiner Jugend Mode gewesen waren. Der Spott über die "apostelshoesen" focht ihn wenig an, "lass andre tragen und machen, was sie willen, und jeder leist mich damit gewerden" [6].
Weinsberg ist sein Leben lang nie aus dem bescheidenen Rahmen eines Kleinbürgerlebens seiner Zeit herausgetreten, vielmehr kann man ihn als Typus seines Standes und seiner Zeit auffassen. Erst dann verstehen wir auch, abgesehen von den wirtschaftlichen Gründen, den Niedergang des städtischen Lebens in dieser Zeit. Allenthalben im Kölner Bürgertum finden wir eine solche Enge, Bedürftigkeit und Scheu vor jedem Wagnis. Damit hängt auch zusammen der eigenartige Mangel an Verantwortungsfreudigkeit bei Weinsberg. Er wagt selten, eine eigene Meinung zu haben. Fast überall überläßt er das Urteil den "fromen verstendigen" und enthält sich mit einer Aengstlichkeit jeden Urteils, die zuletzt peinlich auf den Leser wirkt. Dabei waren seine Aufzeichnungen gar nicht für die Oeffentlichkeit bestimmt! Geradezu grotesk ist seine Zaghaftigkeit bei der Wahl eines protestantisch gesinnten Ratherren auf seiner Gaffel [7]. Ebenso ist es, als er darüber abstimmen soll, ob die Geistlichkeit Steuern zum Kölnischen Kriege bezahlen soll [8]. Allerdings lag im ganzen damaligen Kölner Leben ein solcher Mangel an entschiedenem Farbebekennen. Wie kraftlos war Kölns "Neutralität" im Kölnischen Kriege! Weinsberg erzählt vom Reichstag in Dinkelsbühl, wo die Stadt dieselbe unentschiedene Haltung gegen den Kaiser einnahm [9].
Eine erfreuliche Ausnahme macht Weinsberg aber doch. Gegen den unseligen Hexenwahn trat er nicht allein in seiner Chronik, sondern auch im Kreise seiner Umgebung kräftig auf [10]. Ob er vielleicht Kunde hatte von dem mannhaften Kampfe, den in gleichen Jahren der Arzt Johannes Weyer am clevischen Hofe gegen das Hexenwesen führte, läßt sich nicht feststellen. Infolge seiner Verwandtschaft mit Dr. Konrad Heresbach, der ausschlaggebenden Persönlichkeit am clevischen Hofe, darf man einen solchen Einfluß aber vermuten.
Im großen ganzen ist Weinsberg so an und für sich schon ein Mann, der von Anlage und Lebensumständen den Keim zum Sonderling und Eigenbrödler in sich trug. Diese wohl angeborene Neigung wurde verstärkt durch schwere körperliche Leiden. Seit früher Jugend litt er an einem schlimmen Bruchleiden, das nach Meinung des Vaters vielleicht seine Ursache in den barbarischen Prügeleien durch seinen Lehrer hat. Zeitlebens litt er unendlich daran. Oft überkam ihn sein Leiden, wenn er in Gesellschaft oder auf Wache war. Dieser Fehler machte ihn auch so seßhaft, hinderte ihn am Reiten und Reisen und ließ ihn ein beschauliches Leben lieben. Dabei hatte er den sonderbaren Ehrgeiz, niemanden von seinem Zustande etwas wissen zu lassen. Erst im Jahre 1585, als er wieder einmal mehrere Tage seines Leidens wegen zu Bette liegen mußte, sah er sich genötigt, der versammelten Familie sein Gebrechen zu gestehen [11]. Die Klagen über sein Uebel nehmen in den Handschriften einen sehr breiten Raum ein und gehen ungemein ins einzelne.
Weinsbergs Augen waren auch nicht die besten. Er muß in höheren Jahren zwei Brillen tragen, um lesen und schreiben zu können, was doch die größte Freude seines Alters ist [12]. Damit erklärt sich auch, daß seine in jungen Jahren so schöne und lesbare Schrift nach und nach ganz klein und kritzelig wurde. Er war nicht imstande, das Gesicht eines Bekannten auf der andern Straßenseite zu erkennen, was ihm oft sehr unangenehm wurde. Ueber sein stets schlechter werdendes Gedächtnis klagt er sehr oft. Mit zunehmendem Alter kam eine empfindliche Taubheit hinzu, die ihn sehr oft zwang, sich die in Gesellschaft gesprochenen Worte wiederholen zu lassen. Das machte ihn denn schließlich ungesellig. Manche Festlichkeit hat er aus diesem Grunde versäumt.
Ein gutes Gegengewicht gegen seine eigenbrödlerischen Neigungen war seine humanistische Bildung. Er war seit seiner Studienzeit stark beeinflußt von der ruhigen und zurückhaltenden Art des Erasmus Roterodamus. Zeitlebens war er ihm ein leuchtendes Vorbild und geradezu ein "lux orbis". Voller Ehrfurcht besuchte er sein Geburtshaus in Rotterdam. Von seinen Werken kannte er eine große Anzahl (s. u.). Man darf aber auch den persönlichen Einfluß eines hervorragenden Humanisten bei ihm vermuten. Der Schwager seiner Tante war der berühmte Humanist Dr. Konrad Heresbach, der in der Geschichte des Niederrheins als Ratgeber der Fürsten von Jülich-Kleve-Berg eine so bedeutende Rolle spielte. So oft Weinsberg von ihm spricht, drückt er sich nur knapp aus, was aber auch daran liegen kann, daß diese Stellen zu dem rückschauend zusammengefaßten Teile seiner Chronik gehören. Er war aber stets gut befreundet, besonders in den Studienjahren, mit seinem Vetter Christian Heresbach, von dem aus ein indirekter Einfluß gekommen sein kann. Bei der ersten Erwähnung Konrad Heresbachs rühmt Weinsberg an ihm, daß er "fast geschrieben hat; zu dem auch Erasmus Roterodamus und ander gelerten geschriben haben" [13]. Als er schon hoch bei Jahren ist, kommt er nochmals auf ihn zurück und schreibt: "- (der) der latinischen und greichischen sprachen wol erfaren, - der auch doctor juris worden, etliche boich (geschriben), Herodotum grece zu latin transfereirt und librum 'De re rustica' und andern in truck bracht." Zweimal traf er persönlich mit ihm zusammen. So besuchte er ihn als 23jähriger Student auf Heresbachs prächtigem Landsitz und blieb 3 Tage bei ihm. Auch später sah er ihn auf einer Hochzeitsfeier [14].
Sind so die Beziehungen zwischen beiden dem Anschein nach nicht sehr eng gewesen, so machen gewisse Parallelerscheinungen doch stutzig und lassen uns doch wieder eine Verbindungslinie vermuten. Wir finden nämlich, daß auch Heresbach seit dem Jahre 1533 ein "Diarium" führt, das er auch "Index actionum diurnalium" nennt, worin er seine Erlebnisse aufzählt, wenn er auch von Weinsbergischer Breite noch weit entfernt ist. Wir lernen daraus seinen Tageslauf und seine ganze Haushaltung kennen. In echt humanistischer Weise hält er es auch für der Mühe wert, über seine Geldverhältnisse, Reisen, Krankheiten und Haushaltskosten Aufzeichnungen zu machen [15]. Man sieht, welche geistigen Strömungen in Weinsbergs Familie und in seiner Zeit vorhanden waren. -
Um nun Weinsbergs gesamte Bildung zu überschauen, ist es von Nutzen, alle von ihm gekannten und zitierten Literaturwerke einmal zusammenzustellen. Infolge der großen Ausführlichkeit seiner Chronik ist es uns möglich, den ganzen Umkreis der Lektüre Weinsbergs und damit wohl auch die eines durchschnittlich gebildeten Mannes seiner Zeit zu überschauen. Im sog. Declarationsbuche, das Ende 1563 fertiggestellt war [16], gibt uns Weinsberg selbst eine allgemeine Uebersicht über seine Hausbibliothek [17]. Nach Aufzählung seiner eigenen Handschriften heißt es: "vort ander boicher dess haus in der hilliger schrift als Bibel altes und neuwen testamentz, Evangelia dominicalia [18] et de Sanctis Apostilla, etliche patres; item in den rechten als Corpus utriusque juris, etliche scribentes, die richsordnung [19], statuten, reformationes, processus juris; item in den medicinen als den Herbarium und was dazu gehort; vort chroniken, historien, poeten; in artibus liberalibus und dergleichen mancherlei boicher" -. An anderer Stelle [20] befiehlt er seinem Erben, alle seine Bücher und Schrifwerke zu inventarisieren und nennt dabei noch "antiquiteten, newlaissigkeit, phantasien, geksmere, pluserien" usw. Der Erbe ließ nach Weinsbergs Tode die Bücher abschätzen und bezahlte für die Abschätzung den hohen Preis von 1/2 Taler, was auf eine umfangreiche Arbeit schließen läßt [21].
Leider gibt uns Weinsberg keine mehr ins einzelne gehende Aufstellung über seine Bibliothek. Wohl aber kann man ein Bild von ihr aus den über die ganze Chronik zerstreuten Belegstellen gewinnen.
Den Lauf seines humanistischen Bildungsganges begann er mit dem Studium der lateinischen Grammatik des Johann Despauterius, indem er gleichzeitig die Bucolica des Vergil las [22]. Später erwähnt er die "Commentaria in Joh. Despauterium" von Dr. theol. Sebastianus Novimola, die nun (A. 1579) in den Schulen gelesen werden [23]. Auf der Emmericher Schule benutzte er das Elementarlehrbuch der lateinischen Sprache des Donatus und las dabei ein Werk des Petrus Mosellanus [24]. Vermutlich handelt es sich um die für Schulzwecke geschriebenen "Paedologia in puerorum usum conscripta", Lpz. 1518 [25]. Weinsbergs Vater gab sich in diesen Jahren auch noch ans Studium und schaffte sich dabei deutsche Uebersetzungen an von Livius, den Officia des Cicero von Justinus und Herodot [26]. Weinsberg lernte sie natürlich auch kennen und erwähnt später, daß er sich bei der Lektüre des Livius überanstrengt habe. Er scheint auch die lateinische Uebertragung des Herodot von seinem Verwandten Dr. Konrad Heresbach gekannt zu haben [27]. In Emmerich lernte er weiter die Grammatik des Aldus Manutius kennen und benutzte das auch in späteren Jahren erwähnte Vocabularium des Ambrosius Calepinus. Dabei studierte er die lateinischen Evangelien, von Ovid die Metamorphosen, Episteln und Tristien. Des Murmellius "Tabulae in artis componendorum versuum rudimenta" gaben ihm die ersten Anregungen zu seinen späteren umfangreichen Reimereien. Hier lernte er auch zuerst seinen Abgott Erasmus kennen, von dem er "de octo orationis partium", die "colloquia" und "de conscribendis epistolis" vorerst studierte. Im Alter erwähnt er noch von Erasmus die "exequiae seraphicae, contio Medardi, protoplusia" [28]. Aus den "apophtechmata" gibt er weitläufige Auszüge wieder [29].
Von weiteren lateinischen Grammatiken sind ihm die des Alexander de Villa Dei [30] und des Henricus Uranius aus Rees [31] bekannt. Als Weinsberg dann die Laurentianer Burse besuchte, waren seine Hauptlehrbücher die "Dialectica" des Georg von Trapezunt und die des Rudolf Agricola [32]. Hinzu kamen noch "quaedam opuscula Ciceronis". Zum juristischen Studium kaufte er sich neben dem Corpus juris die juristischen Kommentare des Bartolus, im ganzen 13 Bücher für 14 Taler [33]. Er gesteht einmal, nicht viele juristische Bücher gehabt zu haben, da diese recht teuer waren. Außer den obigen besaß er noch das Corpuscanonicum, das ihm geschenkt wurde [34]. In derselben Zeit nennt er ein Werk: Ars notariatus [35], dessen Verfasser er nicht nennt. Aus dem Nachlaß seines verstorbenen Neffen Dr. Tilmann Ordenbach erbte er das "Repertorium Bertachini" und 3 Bände "Observationum Gailii" [36].
Weinsbergs religiöse Bücher waren außer den oben genannten nur sehr wenige. A. 1554 kaufte er sich die "Sermones in evangelia per annum" von Georg Witzel [37], der bekannt ist durch seine vermittelnde Stellung zwischen dem Katholizismus und der Reformation. Seine Bücher verfielen dem Index librorum prohibitorum. Daß Weinsberg sie trotzdem besaß und benutzte, charakterisiert seine ganze Stellung in religiösen Fragen. Von theologischen Streitschriften seiner Zeit nennt er als sein Eigentum die gedruckte "Reformation" des Hermann von Wied, die er sich allerdings erst 1555 kaufte, als der Sturm vorbei war [38]. Die Streitschrift des Stephan Isaac gegen die Stadt Köln: "Wahre und einfältige Historia Isaaci usw." gibt er so ausführlich wieder, daß man den Besitz dieses Buches annehmen darf [39]. Dasselbe gilt von der "Historia von dem leben und wandel Ignatii Loyole - -", Ingolstadt 1590 [40].Titelbild des liber decrepitudinis Er gibt auch einen Auszug mit Noten aus dem Psalmenbuch des Kaspar Ulenberg und zitiert einen von Johann Dietenberger verdeutschten Psalm [41]. Ulenberg hatte A. 1582 die Psalmen Davids in deutschen Gesangsreimen herausgegeben. Dietenberger lebte in Köln und gab als Bekämpfer Luthers eine Bibelübersetzung heraus [42].
Von Weinsbergs sonstigen Bücherschätzen seien noch aufgezählt: die Werke von Terenz [43]; Boetius, de consolatione philosophiae [44]; die "Deutsche Rhetorik", gedruckt 1535 [45]; Speculum judiciale Guillelmi Durandi oder genannt Laienspiegel [46]; Renerus Budelius, De monetis et re numaria, 1591 [47]; Budaeus: De Asse (über das gesamte Münzsystem), 1544 [48]. Die Moral Catos gibt er in längerem Auszug wieder [49]. Seinem Materialienbande beigebunden ist die "Artificalis introductio per modum Epitomatis in decem libros Ethicorum Aristotelis" von Beatus Rhenanus [50].
Von sonstiger deutscher Lektüre ist uns bekannt Sebastian Brants Narrenschiff [51] und die wenn auch uneingestandene Benutzung einer Uebersetzung von Antonius de Guevara: "Drei schöne Traktätlein" usw. [52].
Das sog. Handbuch des Herm. Weinsberg enthält eine 1562 gedruckte Kölner Polizeiverordnung, sowie handschriftliche Aufzeichnungen über die städtische Verfassung und Verwaltung, über Münzund Schreinswesen. In Abschriften sind die Amtsbriefe der Kölner Zünfte beigefügt.
Weinsbergs liebste Lektüre waren historische und geographische Darstellungen und in diesen besaß er eine recht ansehnliche Belesenheit. Die meisten hier aufgezählten hatte er in eigenem Besitz. Es sind: Georg Braun, De civitatibus orbis terrarum [53]; Carion Chronica, mit J. Funks Fortsetzung, Frankfurt 1546 [54], die sog. Epitome, vollendet und gedruckt von Jaspar Gennep, Köln 1559 [55]; Sebastian Franck, Chronica, Zeitbuch und Geschichtsbibel (mit Chronik der Päpste) [56]; Die Koelhoffsche Kölner Chronik [57]; Joh. Munsterus, Cosmographia [58]; Sleidan, Commentarii etc. Uebersetzung von Heinr. Pantaleon, Basel 1557 [59]; Strabo Geographica [60]. Laurenz Surius [61], Fortsetzung der Chronik des Naucler (1566) und De vitis sanctorum (1570). Trithemius Frankenchronik [62].
Nahm Weinsberg so am geistigen Leben seiner Zeit Anteil, so pflegte er daneben auch die geselligen Seiten des Lebens. Das gilt wenigstens für seine jüngeren Jahre. Er kennt seine engere Heimat recht gründlich, besonders den Rhein und die Mosel und fast alle Städte in der Umgebung Kölns. Vier größere Reisen gingen sämtlich nach den Niederlanden. Antwerpen und Amsterdam waren die Hauptziele. Oft aber finden wir ihn auf kleineren Ausflügen in Kölns Umgegend. Bisweilen wohnte er tagelang auf den "Lusthäusern" seiner Freunde. Er selbst besaß ein Sommerhaus auf dem Hofe zu Weinsberg und ein Lusthaus in seinem Weingarten in der Achterstraße und hielt große Stücke darauf. Ganze Nachmittage verlebte er dort mit seiner Familie, und über die Bäume seines Gartens, die Neuanpflanzungen und Erträge hält er uns immer auf dem laufenden. Wie liebevoll spricht er z. B. von dem riesigen Efeubaum hinter seinem Hause! An unserm sonst so nüchternen Chronisten finden wir hier eine erfreuliche Naturliebe, die sich im Alter immer mehr verstärkt. Wie oft bemerkt er da, daß die "lindenbaum groin geworden" [63] und die Vögel lustig gesungen haben!
Den Freuden des Lebens stand er nicht ablehnend gegenüber. Erst im Alter machen ihn seine Leiden griesgrämig. Aber in seiner Jugend war er ein Freund des heitern und geselligen Lebens. Zahllos sind seine Notizen über Festlichkeiten, bei denen er "frolich gewest" ist. Bei jeder nur möglichen Gelegenheit kehrt diese Wendung wieder. Und oft ist er sogar "ser frolich gewest". Aus der Schilderung einer "weilichen gasterei" seines Vaters geht hervor, was er eigentlich mit diesem Ausdruck meint. Ueber seine Lebensfreudigkeit schreibt er selbst: "Hab gern freude gesehen und gehort, in geselschaften kurzweil verzalt, in gastereien gespreich und angeneim gewesen, keiner boissen mogt mir zu vil sin, mit singen, danzen, springen ist mir verholfen gewesen; die musick seir gefellich [64].
Es ist ein echt rheinischer, kölnischer Charakterzug, den wir hier bemerken. Sein Frohsinn, der sich in manchen lustigen Anekdoten ausspricht, macht die Lektüre seiner Chronik oft zur Freude. Doch können seine witzigen Bemerkungen oft etwas Scharfes und Beißendes nicht unterdrücken. Auch ein Teil Selbstironie ist ihm eigen. So gesteht er beim Lesen von Seb. Brants Narrenschiff, er selbst gehöre auch hinein! Wir haben hier den angenehmsten Zug seines Wesens vor uns.
In kurzen Ausführungen sei Weinsberg auch noch als Kölner und Deutscher geschildert. Weinsbergs "fatterlant" ist seine geliebte Heimatstadt. Dieser gilt seine ganze Liebe, und in diesem Vaterland ist ihm wieder besonders sein Kirchspiel S. Jakob und darin sein Haus Weinsberg ans Herz gewachsen. Ueber dieses engere "fatterlant" hinaus ist Deutschland sein Vaterland und in weiterem Kreise die ganze Christenheit und selbst die ganze Welt [65]. So ist seine Vaterlandsliebe weltbürgerlich gestimmt, wenn sie auch ausgeht von einem gesunden Heimatsgefühl.
Seinem Stolz auf die Geburtsstadt gibt er oft Ausdruck [66]. Kölns römische Gründung betont er häufig, und mit ihrer Geschichte und ihren Sagen ist er gut bekannt, wozu ihm wohl am meisten die sog. Koelhoffsche Kölner Chronik gedient hat. Köln ist ihm "die vernoimste, oberste stat des h. romischen richs und einem vermogenden fürsten nit ungemeiss". - In dieser Auffassung hat er auch seine städtischen Aemter gern und eifrig versehen; besonders seinen Ratsherrenpflichten scheint er sehr gewissenhaft nachgekommen zu sein, was uns viele Stellen in seiner Chronik erkennen lassen. Wie schwer ist es ihm gewesen, sich am Kölner Wachtdienst zu beteiligen, denn körperliche Leiden und auch die unvermeidlichen Geldopfer drückten ihn dabei sehr. Aber doch ist er unverdrossen bis ins höchste Alter hinein als Hauptmann eines Fähnleins dieser Pflicht nachgekommen und hat uns dabei ein anschaulich-farbiges Bild des Lebens im altkölnischen Wachtdienst gegeben, einer der wichtigsten Abschnitte seines Werks. Es erscheint bei ihm nicht als bloße Redensart, wenn er bei seiner Abdankung in einer Ansprache seinem Fähnlein versichert, daß er im Falle der Not weiter sein Leben für sein "Vaterland" wagen werde [67].
So lag ihm denn auch Kölns Bürgerfreiheit besonders am Herzen, und er fühlte mit den Nachbarstädten Neuß und Bonn, die in den kriegerischen Wirren der Zeit in diesem Punkte vom Erzbischof sehr zu leiden hatten [68]. "Es kunnen die hoffkärls nit wol gedulden, das die burger, so sie vor bauren achten, etwas achtpar sullen sin." -Als die in Bonn liegenden Söldner den ausstehenden Sold nicht von den Bürgern eintreiben wollten, obwohl man, d. h. der Erzbischof, dies gern gesehen hätte, schreibt Weinsberg: "Sehet, so gehets zu, wa die fursten und rete uber die stette meister sin, deshalb Coln wol vorsigtig mach sin und sich selbst regern und ire stat bei irer freiheit erhalten."
Ganz vom Standpunkt eines Kölner Bürgers aus muß man seine Stellung zum Erzbischof und im Streit um den Erzbischofstuhl im Kölnischen Kriege verstehen. Der Erzbischof ist immer "min gnedigster herr", aber in Streitigkeiten steht Weinsberg nicht unbedingt auf seiner Seite; er ist nicht "gut bischoffs", wohl aber "gut stadtzs" [69]. Selbst wenn andere Kölner Mitbürger sich über die Taten der erzbischöflichen Truppen freuen und sagen: "die unsern haben diss oder das getan" [70], enthält er sich einer Stellungnahme, ebenso, als "gutt hispannische" Kölner sich über die Aufstellung der Armada freuten [71].
Ueberhaupt ist Weinsbergs Stellungnahme bei Wiedergabe des Kölnischen Krieges von vorbildlicher Objektivität. Man erkennt zwar an manchen Wendungen seine katholischen Sympathien, doch gibt er unumwunden die Schandtaten beider Parteien an den Bauern und kleinen Leuten zu. Er ist sich klar darüber, daß hier um Köln als den Eckpfeiler des Katholizismus am Rhein gerungen wird mit rein äußeren Machtmitteln, und daß es durch äußere Machtmittel entschieden wurde, ob in Köln die "Geusen" oder die "Hispanischen" herrschen sollten. - Als er die losen, aber zutreffenden Reden Martin Schenks über den "paffenkreich" wiedergibt, verwahrt er sich gleich sehr gegen diese im Volksmunde umgehenden schandbaren Worte [72]; aber hätte er eben selbst mehr persönliche Entschiedenheit gehabt, so würde er nicht anders gesprochen haben.
Zum Kaiser und zum Papst stellt er sich ähnlich. Einmal [73] spricht er sich über den Investiturstreit aus, ohne auch hier zu einer Entscheidung zu kommen. "Des pabst und bischofs regiment ist mir so leib als des keisers und koninks (und) herzogen [74]". Sein Ideal eines Kaisers ist Karl V., dessen gewaltige Kämpfe seine Jugend ausfüllen. Gelegentlich ist ihm aber eine leise Höherstellung des päpstlichen Regiments anzumerken, so wenn er z. B. schreibt: "Und ist diesmal die hoigste oberkeit des römischen richs Dutzer nation, darunder Coln gehorich, item Gregorius XIII. romischer pabst, - item Rodulphus II romischer keiser" [75].
Trotz seiner weltbürgerlichen Einstellung ist ihm doch bisweilen eine Abneigung gegen den westlichen Nachbarn anzumerken, dessen Machtpolitik ihm für seine Vaterstadt gefährlich erscheint. Bei der Ausrufung des Franz v. Alencon, des Bruders Heinrich III. von Frankreich, zum Herzog von Brabant (1582), ist er ungemein besorgt: "O weh colnisch, guligs, clevischs, ja trerisch lant disser neuer nachparschaft! Ich trag sorg, mir sullen es mit uff den hals moissen tragen. Es will ein anfank kreichs, uffroirn, verenderung viller dingen sin" [76]. Ja, eine Angliederung der Rheinlande scheint ihm bevorzustehen, wenn "der Franzois also nach uff den Rhein und bei Coln nistelt. -Ich lais zu, das der konink in religionssachen den pabst und catholischen zu gefallen etwas doin wirt, aber er wirt hie lant und leude gern under sin croin prengen willen, wie ich mehr besorge dan verhoffe" [77]. So freut er sich als Kölner über den Fall Antwerpens (1585), das sich in den Bund und die Gewalt der Franzosen begeben habe. "Mir Colner - haben uns dess zu erfreuwen. Wir haben auch got zu bitten, das er den hispanischen hoichmoit uber uns nit lasse herrschen" [78]. "Gott behute Coln", ruft er aus, als die Wahrsager neue kriegerische Wirren vorhersagen [79].
In all diesen Aeußerungen mag man die damalige Volksstimmung erkennen. Denn Weinsberg ist nicht der Mann, der in politischen Dingen eine eigene Meinung hätte. Auf Volksstimmung geht es auch zurück, wenn Weinsberg von "dem tyrannischen erbfind, dem bloitdurstigen Turken" spricht [80]. Man beachte auch seine Aeußerung über den Kampf zwischen Polen und Rußland: "Liegt der Polack oben, ist gut turkisch, mogt der christenheit geferlich sin, wiewol er catholisch. Licht der Moscovita oben, der sich mit dem keiser fruntlich helt und wurde sich uff Oistsehe bei Rehe {Riga} und Reffel {Reval} innisteln, dan er seir mechtich ist, das hat nit weniger gefair uff sich" [81].
Ueber Weinsbergs Stellung zum Katholizismus ist an anderer Stelle ausführlich gesprochen worden [82]. Es sei hier nur nochmals festgestellt, daß er zeitlebens "beim alten Credo" geblieben ist, wenn diese Ueberzeugung auch nicht in harten Kämpfen errungen war, sondern ihre Hauptstütze hatte in der Tradition sowie in der wirtschaftlichen Abhängigkeit von der Kirche, in der das mittelalterliche Köln lebte. Er vertrat den Katholizismus der Reformationszeit, in welchem man wohl am alten Glauben festhielt, aber der Geistlichkeit und ihren Mißständen gegenüber ein recht kräftiges Wörtchen nicht scheute. So hat er es zeitlebens gehalten und wenig Verständnis gezeigt, wenn man später in seiner Familie "gutt jesuitisch" wurde. Eine köstliche Stelle seiner Chronik zeigt uns, wie Weinsberg mit seinen "jesuitischen" weiblichen Familienmitgliedern streitet; es ist das der Kampf der Gegenreformation im klein-bürgerlichen Hause. -
Ohne jedes Bedenken gebraucht Weinsberg protestantische Geschichtsdarstellungen, wie den Sleidan, Carion oder gar die Papstgeschichte des wiedertäuferischen Seb. Frank, auch ein Beispiel für seine Vorurteilslosigkeit und freiere Richtung.
Hiermit ist Weinsbergs Persönlichkeit hinreichend beleuchtet. Wenn wir uns nun sein Werk betrachten und uns fragen, was ihn in erster Linie zur Abfassung seiner Chronik bewog, so lautet die Antwort, daß Weinsbergs starkes Familiengefühl und das auch sonst in der Verwandtschaft rege Interesse für Familiengeschichte das wichtigste Motiv dazu gewesen ist. Der Werdegang seiner Familie ist kurz folgender:
Der Großvater unseres Chronisten ist kein geborener Kölner. Er wanderte als einfacher Knecht aus der Umgegend von Schwelm ein, wurde in Köln ein angesehener und vermögender Mann und heiratete in eine alteingesessene Kölner Kaufmannsfamilie hinein. Seine Frau war Maria Keppel, die Tochter des Tuchhändlers und Ratsherren Gerlach Keppel. Weinsberg erzählt von seiner Großmutter als von einer recht ehrgeizigen Frau: "Wiewoll min anfrewe nit seir rich war, so war sie doch erentrich und glorios vor ein fraue. Sie ermanete uns, nach groissen dingen zu stain. Da das falete, wurde doch ein kleines nit faelen. Stait alle zit nach einem gulden wagen; kricht ir den wagen nit, so mogt ir doch einen spannagel bekomen" [83]. Gewiß hat Maria Keppel in diesem Sinn auch ihren ältesten Sohn, Christian, den Vater unseres Chronisten beeinflußt. Auch dessen Frau, Sophia Korth, stammte aus einem wohlhabenden Geschlecht, und bei ihm finden wir schon ein starkes Bestreben, die Familie in die Höhe zu bringen, verbunden mit regem Interesse für Familiengeschichte. In der in Kölns Umgegend (Ausgangspunkt der Familie war Dormagen) verbreiteten Familie Korth gab es viele Familienfestlichkeiten und Versammlungen, wo Erbschaftsangelegenheiten geregelt wurden. A. 1527 zog Christian mit dem damaligen neunjährigen Hermann, unserm Chronisten, auf ein Familienfest zu Ehren der Großmutter von Sophia Korth, Gusta Dorpmanns, wo sich 80 Mitglieder der Familie zusammenfanden, die ausrechneten, daß ungefähr 170 Kinder, Enkel, Urund Ururenkel dieser fast hundertjährigen Frau lebten [84]. Weinsberg wurde auch öfter von seinem Vater mitgenommen zu einem Oheim Mathias Gatz in Walberberg bei Bonn, wo der Vater Wein einzukaufen pflegte. Dieser Oheim wußte viel von seinen Vorfahren zu erzählen und mit Urkunden zu beweisen, wie seine Güter von Linie zu Linie vererbt worden wären. Hermann erlebte auch selbst eine Erbteilung in der Familie seiner Mutter und lernte dabei viele entfernte Verwandte kennen, die mit Briefen und Siegeln und aus dem Schatzbuch zu Düsseldorf über ihre Verwandtschaft Bescheid zu geben wußten. Solche Eindrücke sind gewiß im Gedächtnis des jungen Weinsberg haften geblieben. Der Vater Christian versuchte auch, Hermanns Familiengefühl zu wecken. Er ließ ihn verschiedentlich Familiendaten, die in einer alten Bibel standen, abschreiben. Einmal soll er sogar, wie Weinsberg uns glauben machen will, seine Söhne mit in den Umgang des Karmeliterklosters genommen und ihnen dort halb verblaßte Wandbilder gezeigt haben, die einen Christian von Weinsberg und den Magister Gerhard de Weinsberg darstellen sollten [85]. Diese beiden sind aber sonst in der Familiengeschichte nirgends mehr zu entdecken, und wir haben es hier sicher mit einer phantasievollen Freiheit des Vaters zu tun, wenn die Stelle nicht überhaupt auf eine der späteren Fabeleien Weinsbergs über seine vornehme Abstammung zurückzuführen ist.
Jedenfalls war der junge Weinsberg schon als Student familiengeschichtlich interessiert und mit berechtigtem Stolz auf seine so kräftig aufsteigende Familie erfüllt. Er selbst war der Vertreter der dritten Kölner Generation dieses Geschlechts und schickte sich nun an, auf der Universität den Gipfel der Bildung und des gesellschaftlichen Ansehens zu erklimmen. Ein Studiengenosse Hermanns war sein Vetter Christian Heresbach, mit dem er unter Mitwirkung von zwei andern Freunden ein "krenzgin" bildete. Eine besondere Beschäftigung der Studenten in diesem "krenzgin" war das Zeichnen, zu welchem ihnen die Großmutter eine Dachkammer in ihrem Hause zur Verfügung stellte. Als einstmals, A. 1536, so erzählt Weinsberg [86], die vier Freunde hier beisammensaßen, kam die alte Großmutter zu ihnen und zeigte zwei alte Büchlein in Pergament, von denen das eine zahlreiche Bilder von Männern und Frauen mit vielen Wappen enthielt. Die Büchlein waren jedoch durch Kinderhände stark beschmutzt und stellenweise kaum zu lesen. Die Bändchen stellten nun angeblich eine Geschichte des Hauses Weinsberg dar, die begann mit dem unehelichen Sohn eines jungen Römers und einer Deutschen zur Zeit Karls des Großen, und die den Stamm mit 2 x 12 "Hausvätern" bis zur Gegenwart, also bis zu unserem Chronisten, verfolgte. Auf die Frage der Studenten nach der Herkunft dieser Bücher soll die Großmutter erzählt haben, daß Patroklus, der Bruder Gottschalks, diese Familiengeschichte geschrieben und eine Abschrift davon seinem Bruder nach Köln gebracht habe. Patroklus sei Mönch in Corvey gewesen und habe den Taufnamen Walter geführt [87]. Maria Koppel will ihn selbst zu Schwelm und auf Besuch in Köln gesehen haben, wo er im Kloster S. Pantaleon gewohnt habe. - Es ist selbstverständlich, daß dieser Bericht Weinsbergs von den Erzählungen seiner Großmutter das größte Mißtrauen verdient. Dieser angebliche Patroklus hat sich denn auch nirgends nachweisen lassen. Nach Weinsberg ist er A. 1490 gestorben. Da aber das Haus Weinsberg erst 1491 bzw. 1497 in den Besitz der Familie kam, die nachweisbar ihren Namen vom Hause erhielt, so ist es klar, daß es sich hier um eine Fälschung handelt. Zudem muß es stutzig machen, daß Patroklus diese 2 x 12 Hausväter des Hauses Weinsberg zusammengestellt habe. Wer diese Aufstellung gemacht hat, kannte gewiß den 12. und letzten, eben unsern Chronisten, der aber erst 1518 geboren wurde und an den vor 1490 noch niemand denken konnte. Weinsberg spricht auch erst ausführlich von Patroklus [88], als er im Jahre 1580 die Schreinsbücher der Stadt Köln einsehen konnte und hier Nachforschungen über die früheren Besitzverhältnisse seines Hauses anstellte. Hier fand er natürlich eine Reihe Namen und Daten, die er mit seiner fabelhaften Familiengeschichte nicht in Uebereinstimmung bringen konnte und die sich daher gewaltsame Aenderungen gefallen lassen mußten. Da kam ihm der Gedanke, daß spätere Leser einmal die angeblichen Bücher des Patroklus, seine eigenen Abschriften dieser Bücher und die Schreinsbücher miteinander vergleichen könnten. Nun regte sich bei Weinsberg das Gewissen, und er gesteht, daß er die unleserlichen Bücher durch eigene Zutaten habe ergänzen müssen, was er im einzelnen angibt. Er erklärt auch offen, mit diesen Geschichten sei es zu halten wie mit den Heiligenlegenden, die auch nicht überall geglaubt würden. "Pie credendum est, cum pietas etiam sit circa patres et maiores nostros secundum naturam."
Wenn man nun schon annehmen muß, daß die Figur des Patroklus erfunden ist, so ist es wohl doch zu weitgehend, auch dieses Geständnis Weinsbergs für einen Mystifikationsversuch zu halten. Soviel Durchtriebenheit und Erfindungsgabe kann man bei genauer Kenntnis der Weinsbergischen Geistesart unserm Chronisten nicht zutrauen.
Weinsberg darf aber auch nicht als alleiniger Verfasser dieser so gut erzählten und interessanten Fabeleien gelten. Er ist nach seinem eigenen Geständnis vom Vater unterstützt worden, als er mit seinen Freunden daran ging, nach dem Muster des Patroklus auf eine Kammerwand des Hauses Weinsberg einen richtigen Stammbaum seines Geschlechts zu entwerfen. Weinsberg beschreibt uns später dies Gemälde aus seiner Studentenzeit [89]. Hier sah man nun eine Menge von knienden Männern und Frauen, die hinter sich wieder ihre Söhne und Töchter knien hatten, alle mit ihren Wappen. Zuletzt erkannte man dort den Vater Christian mit seinen beiden Frauen, sowie alle Brüder und Schwestern Weinsbergs. Es sind der Beschreibung nach aber nur die letzten 12 Stammväter des Hauses, und sie tragen alle neben ihrer Namensbezeichnung den Zusatz: "gelebt ungefähr" -die mitgeteilten Zahlen stimmen aber mit den sonst von Weinsberg in der ausführlichen Beschreibung enthaltenen nicht überein. Noch im Jahre 1586 war nach Weinsberg dies Gemälde unversehrt auf der Kammerwand erhalten. Viele, die es dort sahen, verwunderten sich natürlich sehr, aber, fährt Weinsberg fort: "mir sagen nit vil darzu, laissen es also triben." Es ist klar, daß wir es hier mit einer Vorarbeit zu der späteren Ausarbeitung der Familiengeschichte zu tun haben. Weinsberg hat den Stammbaum, wie schon vorher erwähnt, auf Wunsch und mit Beihilfe des Vaters entworfen. Christian war recht phantastisch veranlagt und wird einen guten Anteil an diesen Erfindungen gehabt haben. Zudem war an den Arbeiten auch der Vetter Christian Heresbach beteiligt, der alle Studiengenossen in der Malerei übertraf. Seine Hilfe wird ausdrücklich erwähnt [90]. Später hat er auch die angeblichen Bücher des Patroklus in seinem Besitz - wohl auch ein Beweis, daß sein Anteil an ihrer Entstehung recht groß gewesen sein muß.
Wir haben hier ein Beispiel für eine echt humanistische Spielerei vor uns, zu der Weinsberg mannigfache Anregung zu Gebote stand. Es ist das Kennzeichen des Humanismus, daß er wieder auf die alten lateinischen Quellen und das deutsche und klassische Altertum zurückgeht, und so war es der Ehrgeiz vieler Familien, besonders der Fürstenhäuser zur damaligen Zeit, ihren Stammbaum möglichst weit in die klassische Epoche hinaufzuführen. Diese Bestrebungen waren Weinsberg, der eine beträchtliche Literaturkenntnis besaß, gut bekannt. Der Stamm der Herzöge von Jülich ist nach seiner Meinung schon 1000 Jahre alt [91]. Das Geschlecht der Herzöge von Cleve soll schon 441 beginnen und dauern "von mansglider ungebrochener linien bis uff diss zit" [92]. Die Geschichte der Herzöge von Geldern fängt bei ihm im Jahre 858 mit den Helden Wichar und Lupold an [93]. Gelegentlich schreibt Weinsberg alle sagenhaften Vorgeschichten, von deutschen Fürstenhäusern, römischen Helden, Städten und Klöstern zusammen, die er nur finden konnte [94]. Wie er seine eigenen Erzählungen beurteilt wissen will, sehen wir an dem Satz aus der Chronica Coloniensis civitatis, den er auf den Umschlagseiten des Materialienbuches zitiert: "Alle altheit ist vol und vermengt mit fabeln" [95].
Vermutlich ist Weinsberg bei seinen Phantasien, besonders bei der Erfindung der Uebermittlerfigur des Patroklus, durch die Lektüre der Frankenchronik des Joh. Trithemius beeinflußt worden, die A. 1515 zuerst erschien. Weinsberg beruft sich verschiedentlich auf dieses Werk und zwar viermal in den Jahren 1581-1594 [96], was darauf schließen läßt, daß er dies Büchlein in seinem Besitz hatte. Trithemius erfand für seine Geschichtsfabeln einen Gewährsmann namens Hunibald [97], der ein alter fränkischer Geschichtsschreiber sein soll und auf dessen Bericht die ganze Darstellung des Trithemius über die Urgeschichte der Franken bis auf Chlodwig zurückgeht. Trittenheim gibt selbst zu, daß er die Figur des Hunibald erfunden habe. Er erfand für die Annales Hirsaugienses noch die Sagenfigur des Mönches Meginfried, von dem er die Gründungsgeschichte seines Klosters überliefert haben will [98]. Diese Annalen, die erst 1590 gedruckt wurden, konnte Weinsberg nicht kennen, wohl aber ist es möglich, daß die Frankengeschichte, besonders der sagenhafte Hunibald, Weinsberg beeinflußt hat.
Sehr oft wird von Weinsberg die sogenannte Koelhoffsche Kölner Chronik genannt [99], die er anscheinend auch in seinem Besitze hatte, weil er sie oft mit Seitenangabe zitiert. Aus dieser Lektüre wußte er, was aber ihm auch schon durch den Volksmund bekannt war, daß Kaiser Trajan die 15 alten Geschlechter Kölns aus Rom hergesandt habe. Welches Vorbild für seine eigene Familiengeschichte! Aus dem Jahre 1531 haben wir eine Geschichte der Familie "de Cignis" oder "Swanen", die vom Kölner Stadtsekretär Johann de Meroida ac Petersum zusammengestellt ist und auch den Ursprung dieser Familie in die Zeiten Trajans hinaufführt [100]. Auch hier kann man wieder nicht annehmen, daß Weinsberg dieses Werk gekannt habe. Aber es ist doch aus alledem ersichtlich, wie verbreitet damals in Köln solche Bestrebungen waren, die den Ursprung einer Familie nicht anders als im deutschen Altertum suchen konnten und bemüht waren, irgendeinen Zusammenhang mit Rom herzustellen.
Bei Weinsberg war zudem ein gewisser äußerer Zusammenhang mit Rom vorhanden und ihm täglich vor Augen. Sein Haus Weinsberg auf dem Blaubach ruhte mit der Rückseite sichtbar auf der alten römischen Festungsmauer [101]. Sein Haus "zum Torn" auf dem Hohpfortenbüchel muß seinem Namen und seiner Lage nach ebenfalls auf die Römermauer zurückgehen und ist nach Weinsbergs Vermutung "villicht vurmails der alter stat toren oder wichhaus gewest und verbaut worden [102]. Ueber sein Haus Kronenberg auf der Hohenpforte schreibt er bei einem Umbau seines Studierzimmers, daß die alte Stadtmauer eine Seite dieses Zimmers bildete und gleichzeitig das Dach des Hauses trug [103]. Damals ließ er sein Studierzimmer erweitern, indem er die alte, eisenharte Mauer 2 Fuß tief aushöhlen ließ, wobei angeblich die Maurer eine verrostete römische Münze fanden. So müssen wir uns vorstellen, daß Weinsberg in seinem so oft mit Liebe erwähnten "stoblin" tatsächlich in der Römermauer gesessen und hier auch den größten Teil seiner Chronik geschrieben hat. Was lag da näher für einen familiengeschichtlich interessierten Humanisten, als sein Geschlecht auf römischen Ursprung zurückzuführen!
Man sieht, mit welchen Gedankengängen sich Weinsberg seit seinen Studententagen (1536-1537) getragen hat. Zu einer weiteren Niederschrift oder Ausarbeitung dieser Ideen ist es vorerst nicht gekommen, aber im Stillen müssen sie fortgewirkt haben. Weinsberg war noch tief in seinen Universitätsstudien und mit dem Abschluß seines Examens beschäftigt. A. 1542 erhielt der Vater das Amt des Burggreven unter dem Rathaus und damit begann die beste Zeit dieser Familie. Im folgenden Jahre wurde Weinsberg Lizentiat der Rechte, ließ sich als Advokat nieder und wurde kurz vorher schon zum ersten Male in den Rat gewählt. Er konnte mit vollem Recht auf das von ihm und seiner Familie Erreichte stolz sein. Aus diesen Gefühlen, die durch die unvergessenen genealogischen Spielereien noch genährt wurden, entsprang nun im Jahre 1544 der Gedanke, der sein ganzes späteres Leben beherrschen sollte: es war dies der Plan, aus dem Hause Weinsberg und den dazugehörigen Besitzungen ein Fideikommiß zu machen, das stets unvermindert bei der Familie bleiben und so den Grundstock zu einer langen Blütezeit bilden sollte. Weinsberg erzählt uns weitläufig, wie er zu diesem Gedanken gekommen ist [104]. Er besprach ihn sofort mit seinem Vater, der nicht weniger Lust dazu hatte als er selbst. Allein der zwar phantastisch veranlagte, aber doch stets lebenskundige Mann scheint bald das Unmögliche der Durchführung eines solchen Planes eingesehen zu haben. Er ließ es vorläufig bei einer wohlwollenden Stellungnahme bewenden. "Aber er sagte, sine sachen und gelegenheit were nit also gestallt, das er sulches ins wirk kunte stellen, befalch mir, ich sulte darnach trachten und begerte sulches auch fleislich von mir." -
Anregung zu diesem Unternehmen fand Weinsberg, als er sein Kirchspiel und die ganze Stadt durchging, und zwar manche berühmte Familie fand, aber nur ganz wenige Häuser, die 100-200 Jahre im Besitz derselben Familie geblieben waren. Auf der anderen Seite sah er aber in zahlreichen Beispielen, daß ein solcher Plan durchaus im Bereich der Möglichkeit lag. Kirchen, Klöster und Hospitäler waren Gründungen, die unvermindert die Jahrhunderte überdauerten und die Namen der Stifter der Nachwelt erhielten. Sogar mit geringen Mitteln ließ sich eine dauernde Gründung schaffen, was er an Kölns zahlreichen Konventen mit Befriedigung feststellte. Weinsberg kann nicht oft genug die Ueberlegenheit der Geistlichen über die Weltlichen in diesem Punkte betonen.
Solche Gründungen von Fideikommissen, wie Weinsberg sie plante, sind in Köln auch sonst nachzuweisen. Wenige Jahre nach Weinsbergs Testament testierte auch der Kölner Bürgermeister Arnold von Siegen (1563) und errichtete zusammen mit seiner Frau Catharina Wolf ein Fideikommiß. Weinsberg erzählt selbst vom "stammhaus" der ihm gut bekannten Familie Brauweiler, "gar ein herliche ritterswonung", wo derselbe Versuch gemacht worden war [105].
Diesen Fideikommißgedanken trug also Weinsberg seit dem Jahre 1544 mit sich herum und spann ihn in seiner bedächtigen Art aus. Wie sehr er sich mit ihm getragen hat, beweist seine Erzählung von einem visionären Traum, den er A. 1550 an einem Marienfeiertag hatte [106]. Weinsberg gibt diesen Traum zuerst ohne den Versuch einer Deutung wieder, kommt aber noch oft, nach 30 und 35 Jahren [107] auf ihn zurück und bezieht ihn nun auf seine familiengeschichtlichen Bestrebungen.
Inzwischen war aber auch Weinsbergs Testamentsgedanke in stillem Wachsen zu einer phantastischen Blüte herangewachsen.
So oft er auch mit seinem verstorbenen Vater den Fideikommißgedanken durchgesprochen hatte, so wenig war der Vater auf ihn eingegangen. Wenn Weinsberg nachher "von unser seliger eltern begerten und fideikommiss" spricht [108], so ist er reichlich leichtfertig mit dieser Behauptung. Wohl kann man in einer Bestimmung des väterlichen Testamentes ein gewisses Eingehen auf die Bestrebungen des Sohnes erblicken. Es heißt dort: "item er begerte, man wolte das haus Weinsberch nit deilen, so lang bis die kinder al bestadt waren, auch ein baussen den andern sin teil am haus nit verkaufen noch verandern" [109]. Ebenso soll eine "clausula" des mütterlichen Testaments [110], das aber im Wortlaut nicht erhalten ist, besagt haben, daß das Haus Weinsberg und das Dormagener Erbgut nicht aus den Händen der Familie kommen solle. Da die Mutter erst im Jahre 1575 starb, so wird diese Klausel wohl auf den Einfluß des Sohnes zurückzuführen sein.
Im Weinsbergischen Testamente vom 31. Oktober 1554, da er sich mit seiner ersten Frau auseinandersetzt [111], ist von dem Fideikommißgedanken noch nichts zu merken. Nach dem Tode seiner Frau setzte er wenige Monate später, am 20. November 1557, in einem ausführlichen Testamente seine Gedanken auseinander [112]. Er bestimmt, daß nach seinem Tode ein "Hausvater zu Weinsberg" erwählt werde. Zu dieser Stelle kommt in Frage entweder ein zukünftiger Sohn aus neuer Ehe oder einer seiner Brüder, Christian und Gottschalk, weiter die Agnaten männlichen Geschlechtes und nach deren Aussterben die Cognaten. Nach dem Erlöschen der ganzen Familie soll irgendein Lizentiat der Rechte aus Köln zu diesem Amte gewählt werden. Der Hausvater soll alle Häuser, Weingärten, Ländereien und Renten, "gereide und ungereide" Güter usw. iure fideicommissi besitzen und nie veräußern dürfen. Der Vorgang der Wahl durch den Pastor von S. Jacob und die Testamentsexekutoren wird genau festgelegt. "Die executoren sullen im die hanthaff an einer dur der wonung Weinsberch oder Cronenberch in die rechte hant und das inventarium in die linke hant geben und damit soll er die possession und verwaltung rechtmeissig erlangen." Die Exekutoren des Testaments werden aufgezählt, ihre Pflichten und Bezüge genau festgelegt. Zeigen sich einige von ihnen säumig oder betrügerisch, so soll ihr Amt auf den Rektor der Universität und "die 4 dechen der 4 faculteten des studii in Coln" übergehen. Am 3. Mai eines jeden Jahres, dem Geburtstage des Ahnherrn Aramond, soll ein Hausfest der ganzen Familie gefeiert werden. Um 6 Uhr morgens haben alle mehr als 20jährigen Verwandten auf dem Hause Weinsberg zusammenzukommen und sich dort das Testament und die Genealogie vorlesen zu lassen. Als Präsenzgeld empfangen sie einen halben Radergulden und feiern dann eine fröhliche Mahlzeit, usw.
In dieser Ausführlichkeit bewegt sich das ganze Testament. Wir stehen plötzlich vor einer richtigen Merkwürdigkeit, die schon beachtenswert wäre, wenn weiter nichts auf sie gefolgt wäre. Wenn man sich auch die Entstehung dieser Gedanken in 13 vorhergehenden Jahren und ihre Zusammenhänge klarmacht, so ist man doch mit Recht über die sonderbare und vor allem so in die Einzelheiten gehende Ausprägung dieser Idee erstaunt. Zeitgeschichtliche Strömungen fanden hier nur zu bereitwillige Aufnahme bei einem ganz eigenen Menschen und führten so zur Entstehung dieses wunderlichen Testamentes.
Schon die genealogischen Spielereien gehen in ihrer breiten Ausspinnung über das Normale eines solchen Gedankens, wie er an anderer Stelle auftritt, weit hinaus. Nun sehen wir dasselbe bei dem Testamentsgedanken.
Der Testamentsgedanke berührt vor allem deswegen so seltsam, wenn man Weinsbergs gar nicht glänzende Lage kennt. Er war vielleicht für seine kleinbürgerlichen Verhältnisse ein vermögender Mann, besaß zwei größere Häuser und eine Reihe kleinerer. Sein Haupteinkommen bestand aus einer Reihe von kleineren Renten, Amtseinkünften u. dgl., so daß eine nicht zu große Familie von ungefähr 5-6 Personen in ruhigen Zeiten gemächlich davon leben konnte. Jedenfalls war aber kein bedeutender, zusammenhängender Besitz vorhanden, bei dem man es versteht, wenn in dem Eigentümer der Wunsch auftaucht, ihn für alle Zeiten bei der Familie zu wissen.
Weinsberg bekam auch in zweiter Ehe keinen Sohn. So kamen als künftige Hausväter nur in Betracht sein etwas jüngerer Bruder Gottschalk, der nun aber auch schon kränklich und zudem kinderlos war, und weiter sein Neffe Hermann Weinsberg, der Sohn des früh an der Pest verstorbenen Bruders Christian.
Der junge Hermann war 1560 geboren. Für seine Erziehung sorgte hauptsächlich sein Oheim, der ihn zum Studium bestimmte, ohne daß wir hören, er sei irgendwie besonders befähigt gewesen. Unser Chronist scheint nur daran gedacht zu haben, sich einen Nachfolger von gleichem Titel und Bildungsgrade heranzuziehen. Als der Neffe noch keine 20 Jahre alt war, zeigten sich schon die Folgen dieser Unvernunft des Oheims [113]. Der junge Hermann versuchte, zunächst ohne Erfolg, das Studium zu verlassen und wollte lieber ein Handwerk ergreifen. Weinsberg beschließt seine Erzählung von dieser Unterredung mit einem langen, liebevollen Brief an den Neffen. Ob er auch in diesem Tone mit ihm gesprochen, können wir nicht wissen. Bald hören wir denn auch, daß Hermann statt in die Kollegs zu seinen Freunden ging und das Studium anscheinend ganz vergessen hatte. Nie hören wir von einem Examen.
Das Testament des Oheims war ihm zunächst noch unbekannt. Um seine wachsende Unzufriedenheit zu beschwichtigen, vermachte Weinsberg ihm A. 1584 eins der beiden größeren Häuser und ließ ihn ahnen, daß er in Zukunft einmal innerhalb des Hauses Weinsberg eine auskömmliche Stellung einnehmen werde [114]. Schließlich weihte er ihn dann feierlich in sein Testament ein [115]. Welchen Eindruck diese Eröffnung auf ihn machte, kann man nur ahnen. Jedenfalls wird ihm die Zukunft wohl etwas freundlicher erschienen sein. Doch der Oheim lebte noch lange. A. 1593, als Hermann schon 33 Jahre alt ist, spricht der Oheim wieder von ihm [116]. Vom Studium ist gar keine Rede mehr, und auf eine Heirat wollte der Neffe sich nicht einlassen. Er lebte von seinem geringen väterlichen Erbe, von gelegentlichem Verdienst mit Schreiben und war im übrigen ein gescheiterter und verbitterter Mensch geworden. In den letzten Jahren brauchte ihn Weinsberg als persönlichen Diener zu allerhand kleineren Diensten. Oft klagt er über ihn, daß er so "hailbar" sei. Er hatte sich Geld verschafft, dessen Quelle der Familie unbekannt war. Seine größte Hoffnung aber muß das Testament gewesen sein, und er veranlaßte den Oheim, da er Bestechung der Testamentsexekutoren befürchtete, zur nochmaligen Festlegung der Reihenfolge der ersten Hausväter: zuerst soll der Bruder Gottschalk an die Reihe kommen und dann er, der junge Hermann.
Es fragt sich, wie die übrigen Familienmitglieder zu diesem Plane standen, denn sie wurden bei Durchführung des Testamentes völlig enterbt. Es lebten noch drei Schwestern Weinsbergs, die zum Teil verwitwet waren und erwachsene Kinder hatten. Bald erfolgte von dieser Seite auch ein Vorstoß. Im Jahre 1578 gab es in der Familie große Streitigkeiten, die uns beweisen, daß die Schwestern dunkle Kunde vom Plane des Bruders bekommen hatten [117]. Anscheinend hatte Weinsberg in der Familie vom Testamente nie gesprochen. So wagte er nie, die Feier des von ihm geplanten Hausfestes einzuführen. Er versuchte längere Jahre, den etwas später fallenden Geburtstag des Neffen auf diesen Tag zu feiern, was aber nicht lange gelang [118]. Um so mehr gab er sich im Geheimen seinen Lieblingsgedanken hin. In diesen Stimmungen arbeitete er an seiner großen Chronik und schrieb von Tag zu Tag über das, was ihn erfüllte. Man muß zur Handschrift selbst greifen, um zu ersehen, wie sehr das ganze Werk mit diesen sonderbaren Ideen verwoben ist. Bald brachte er zum Zeitvertreib sein Testament in lateinische Verse [119], bald ermahnte er seine Hausgenossen in Vorahnung kommender Uebel zur brüderlichen Eintracht [120]. Oft schreibt er Gebete für sein Haus nieder [121], einmal versteigt er sich sogar zu einer Weissagung.
Dabei muß man besonders bedenken, daß seine äußeren Lebensverhältnisse in den letzten Jahrzehnten dauernd schlechter wurden. Gegen Ende des 16. Jahrhunderts setzte eine fortwährende Preissteigerung ein, deren Ursachen in der Veränderung der Weltwirtschaft und besonders in den unaufhörlichen Kriegswirren zu suchen sind. So findet sich dann im letzten Teile des Buches Weinsberg ein endloses Klagelied über die teuren Zeiten! Damit wurden die Voraussetzungen für ein Fideikommiß, nämlich das Vorhandensein eines beträchtlichen Vermögens, stets schlechter. Weinsberg aber ging in keiner Weise von seinem Plane ab, brütete ihn vielmehr nur noch mehr aus und suchte in Testamentszusätzen allen nur möglichen Verwicklungen im voraus zu begegnen. Er versuchte den Rat der Stadt mit seinem Plane zu beladen, mit dem dieser allerdings auch noch genug zu schaffen bekommen sollte. Einen Brief auf Pergament an alle Lizentiaten der Rechte in Köln verfaßte er und machte sie mit den Vorteilen bekannt, die ihnen aus seinem Testament erwachsen könnten und forderte sie auf, es bis zum Aussterben der Familie zu verteidigen [122].
Diese Testamentsgedanken sollten Weinsberg keinen ruhigen Lebensabend bereiten. 1588 und 1594 gab es wieder große Streitigkeiten in der Familie, die ganz auseinanderzufallen drohte. Weinsbergs Ideen aber wucherten in seiner Chronik ruhig weiter. Er gab sich der Hoffnung hin, daß sein künstliches Gebäude nach seinem Tode auch öffentlich anerkannt werden würde und bestimmte [123], daß seine Testamentsexekutoren eine Eingabe an den Kaiser machen sollten, zum Zwecke der Anerkennung des Fideikommisses und der Wiederverleihung des Freiherrntitels, den die sagenhaften Vorfahren seit Friedrich I. geführt haben sollen! Weinsberg verfaßte selbst den Entwurf der Eingabe. Man fragt sich, ob Weinsberg in diesen letzten Jahren vielleicht selbst an seine genealogischen Absonderlichkeiten geglaubt hat.
In dieser Zeit scheint er ganz verschroben und verbittert zu sein, worauf manche Bemerkungen in seinen Berichten schließen lassen. Sein Neffe Gottschalk wird von ihm zur Sparsamkeit ermahnt mit dem Bemerken, er solle sich auf niemandes Tod verlassen [124]. Selbst mitten in der Nikolausfeier mit den Kindern seiner Verwandtschaft wurde er den Gedanken nicht los, daß diese einmal seinen rechtmäßigen Erben vertreiben könnten [125]. Entfernte Verwandte stellten sich ein und fragten zudringlich nach seinem Vermögen.
Doch bald, in seinem 79. Jahre, kam er zum Sterben. Es ist das Jahr 1597. Bisher hat man irrigerweise stets das Jahr 1598 als Todesjahr Weinsbergs angenommen. Die letzten Notizen im Buche Decrepitudinis gehen bis zum 27. Februar 1597. Weinsberg schreibt, daß er schwach geworden sei ohne besondere Krankheit; seine Schrift ist stark zitterig. Am 6. März wurde noch eine uns erhaltene Rechnung auf seinen Namen ausgestellt. Der Todestag liegt vermutlich zwischen dem 18.-21. März 1597, denn in diesen Tagen des folgenden Jahres bezahlte sein Erbe und Neffe Hermann dem Pastor von S. Jacob für das erste Jahrgedächtnis seines Oheims, und ebenso leistete er einige aus dem Testament fließende Zahlungen an die Testamentsexekutoren. Die erste direkte Nachricht vom Tode Weinsbergs findet sich in den Ratsprotokollen vom 14. April 1597, da ein neuer Ratsrichter an seine Stelle gewählt wurde [126].
Jetzt also trat das Testament in Kraft. Wir hören zunächst nichts davon, wie die Exekutoren in ihrer ersten Zusammenkunft, die Weinsberg genau geregelt hatte, über diese ungeheuerliche Ausgeburt gestaunt haben mögen, nichts von der erklärlichen Wut der enttäuschten Verwandten, nichts von dem sicher aufgetretenen Spott der lachlustigen Kölner. Wie mag man gespottet haben über den alten Weinsberg, der aus einem Freiherrngeschlecht abstammen und ein Fideikommiß gründen wollte wie die "hohen Hansen"! Mit Fingern wird man auf seine noch lebenden Familienmitglieder gezeigt haben.
Ueber die nun kommenden Jahre sind wir durch Weinsbergs Nachlaß, durch Eingaben an den Rat, die Ratsprotokolle, Turmbücher und Wetzlarer Kammergerichtsakte genau unterrichtet und gewinnen daraus ein erschütterndes Bild der traurigen Ereignisse.
Weinsbergs Bruder Gottschalk, ein Mann von 65 Jahren, hatte die Last des Testamentes gemäß dem Willen des Verstorbenen zuerst zu tragen. Er wird uns immer in der Chronik als ein ruhiger und besonnener Mann geschildert und erscheint stets als der Vertraute seines älteren Bruders. Schon A. 1561 hatte dieser ihm sein Testament gezeigt und ihm auch alle seine "heimliche, secrete ansclege offenbart" [127]. Nach 6 Wochen leistete er aber schon bei einer Zusammenkunft der Exekutoren feierlich Verzicht auf das Erbe seines Bruders [128]. Dem aufgestellten Vertrage nach geschah es wegen angegriffener Gesundheit, aber aus späteren Gerichtsakten [129] ersehen wir, daß ihn die heftigen Angriffe der übelwollenden Familie und das allgemeine Gespött zu diesem Schritte getrieben haben. Der Neid und das Gelächter der Umwelt muß sogar sehr stark gewesen sein, denn nicht lange darnach, im Hochsommer 1597, legte der alte Mann Hand an sich selbst [130]. Wirtschaftliche Not kann ihn zu diesem Schritte nicht bewogen haben, denn als Hausmeister im Fischkaufhause hatte er ein gutes Einkommen. Nur die unselige Erbschaft mit ihren Folgen muß ihn dazu getrieben haben. Man fand ihn eines Morgens mit einem Stich im Halse in einer Blutlache liegend. Er hatte aber noch ein längeres Krankenlager zu überstehen und wiederholte immer die Worte: "Ach, ich armer mann, was hab ich getan." Der Selbstmordversuch wurde zunächst von der Familie sorgfältig vor der Oeffentlichkeit verborgen.
Dem Testamente gemäß wurde nun der junge Hermann Weinsberg Nachfolger im Hausvateramte. Zum ersten Male kam nun der schon 37jährige Mann zur Selbständigkeit. Bisher war er in gedrückter Lage und ohne rechten Beruf gewesen. Nun hätte er sich regen können, aber sofort setzten die Angriffe der Verwandten an den Gerichten und beim Rate ein, die auf Umsturz des Testamentes und Verteilung des Erbes hinausgingen. Es wäre zu weitläufig, all diese Versuche im einzelnen darzustellen [131]. Ein ganzes Jahr lang blieben sie ohne Erfolg. Das Testament bestand zu Recht, und sein Nutznießer, Hermann Weinsberg d. J., lebte im Hause Weinsberg zusammen mit seiner Tante Sibille. Sie erscheint stets als seine Beschützerin und hatte ihn schon A. 1583, wohl aus Mitleid mit seiner üblen Lage, zum alleinigen Erben ihres bescheidenen Besitzes gemacht [132]. Ihr Tod hätte seine Stellung noch mehr gesichert.
Als Sibilla aber nun die Wirkung des Testamentes ihres Bruders sah, wollte sie ihr eigenes Testament wieder abändern. Dem stand nun Hermann entgegen. Es ist zu großen Streitigkeiten gekommen, und Hermann hat damals schon mit Gewalt sich in den Besitz der Güter dieser alten Frau gesetzt [133]. Doch die Verwandten setzten Sibilla weiter zu; von Hermann wurde sie tyrannisiert, sie machte einen Fußfall vor ihm und trug sich mit dem Plan, von Hause fortzuziehen [134]. Ihrem Beichtvater, Aemilius Bomelensis, dem sie sich anvertraute, fiel ihr schlechtes Aussehen auf. Doch Hermann hörte von ihrem Vorhaben und verbot ihr jeden weiteren Verkehr mit diesem Geistlichen. Am Samstag, den 6. Juni 1598, gab es wieder heftigen Streit. Verwandte kamen ins Haus und klagten über den verstorbenen Oheim, der seine Sache nicht gut gemacht und sie alle in großen Streit gebracht habe [135]. Da blickte Sibilla ihren Neffen an und seufzte "Ach Hermann", als wenn der es habe ändern können. Die Verwandte sprach weiter: "Gevattersche, ihr sehet woll, was daraus kumt, verstoirt euch doch nitt. Ihr wisset, wie es moen Gerdtgen dargegenüber ergangen, welche ein rachung {einen Schlaganfall} davon bekommen." Darauf sagte Hermann unter Kichern, "sei mochte mit einem holze gerachet (geschlagen) werden". Das war eine offene Drohung mit Gewalttätigkeit. Beim Scheiden bat Sibilla: "Ach gefattersche, pleibt bei mir; mir ist so bang, ich wollte wol in ein mausloch kruffen."
Am andern Tage, einem Sonntage, verbreiteten Hermann und seine Halbschwester Eva das Gerücht, daß Sibilla erkrankt sei. Am Abend ging Hermann zum Kaplan, um seine Tante versehen zu lassen. Auf dem Rückwege begegneten beide der Eva, die ihnen mitteilte, daß Sibilla soeben verstorben sei [136]. Gleich am andern Morgen um 5 Uhr ergriff Hermann in Gegenwart eines Notars gemäß dem Testament der Sibilla als alleiniger Erbe Besitz von all ihrem Hab und Gut [137].
Eine Weile ging alles seinen weiteren Gang und niemand schien im Augenblick über diesen plötzlichen Tod verwundert. Nach den Ratsprotokollen gingen die Eingaben und Anstrengungen der Verwandten weiter [138]; aber der Rat hielt in dieser Zeit zu Hermann und erkannte das Testament an. Er verlangte von ihm ein Verzeichnis aller Güter, "die zor fundation gewidmet und nit alienabel" seien. Ebenso sollten auf seine Anordnung "die schreinschreiber in schreiniis bei allen gutter, in die fundation gehorig, - caveren, das kein administrator mechtig, die zo beschwerden noch zu alienern" [139].
In den Ratsprotokollen wird er in dieser Zeit der "Hausvater Hermann Weinsberg" genannt, eine Bezeichnung, die ganz ungewöhnlich in diesen Büchern ist und nur auf Kenntnis der Weinsbergischen Gedankengänge beruht [140]. Man glaubt aber an diesem Namen das Aufsehen zu verspüren, das das seltsame Testament gemacht hatte, und das Gelächter derer zu hören, die über den sonderbaren Hausvater nicht genug witzeln konnten. Doch das etwas spöttische Wohlwollen des Rates hielt nicht lange an. Am 17. August 1598 ließ er Hermann plötzlich verhaften, da ihm zu Ohren gekommen, daß Sibilla im Brunnen hinter dem Hause Weinsberg durch Selbstmord geendigt habe und doch christlich beerdigt worden sei. Die Vernehmungen Hermanns, seiner Halbschwester Eva, seiner Mutter usw. sind uns in den Turmbüchern erhalten [141]. Sie ergeben mit großer Wahrscheinlichkeit, daß kein Selbstmord, sondern eine Ermordung der Sibilla durch Hermann vorliegt. Der Leichenbefund, allerlei sonstige Anzeichen und schwerwiegende Widersprüche, in die sich Hermann verstrickte, lassen keine andere Deutung zu. Er versuchte sich sogar mit einem gefälschten Abschiedsbriefe der Sibilla zu rechtfertigen!
Auf alle diese Verdachtsmomente hin schritt der Rat dann am 19. Januar 1599 zur Tortur [142]. Beim vorhergehenden Verhör gestand Hermann nichts. Auch noch auf dem Folterstuhl hielt er sein Leugnen aufrecht. Nur der Selbstmord Gottschalks kam ans Tageslicht. Darauf band man ihm mit Stricken die Hände auf den Rücken und zog ihn so in die Höhe. An seinen Füßen hingen schwere Gewichte, so daß er unerträgliche Schmerzen litt. Doch er war zu keinem Geständnis zu bringen und blieb auch bei der zweiten Anwendung der Folter standhaft. Heute hätte man ihn wohl mit Indizienbeweis verurteilt.
In einer späteren Beschwerde beim kaiserlichen Kammergericht behauptet Hermann, von dieser peinlichen Befragung einen dauernden Schaden davongetragen zu haben. Die Stricke hätten ihm die Arme bis auf die Knochen zerschnitten [143].
Am 1. Februar 1599 wurde er entlassen [144]. Der Rat hatte inzwischen das ganze Erbe des Chronisten beschlagnahmt, die Häuser unter Siegel verschlossen und gab auch jetzt die Schlüssel dazu nicht heraus [145]. Nun versuchte die gesamte Familie, natürlich mit Ausnahme Hermanns, beim Rate die Kraftloserklärung des Testamentes zu erwirken [146]. Der Rat hatte sich anscheinend auch überzeugt, daß hier die Wurzel alles Uebels liege. Doch trotz öfterer Beratung rückte die Sache nicht vom Flecke [147]. Keine andere Angelegenheit wird so oft in den Ratsprotokollen verhandelt wie diese. Es muß ein reiner Skandalprozeß daraus geworden sein! Und Hermann blieb stets ohne Erbe und wohl auch ohne Einnahme.
Anfang 1600 wurde der Rat energischer und beschloß, im Beisein beider Parteien "in usum triumphantis" ein Inventar der Güter aufzurichten [148]. Bei dieser Gelegenheit müssen die Handschriften Weinsbergs aus dem Privatbesitz der Familie in den des Rates übergegangen sein. Der Rat hatte anscheinend schon die Absicht, die Güter zu subhastieren und nahm dabei im richtigen Augenblick und mit wirklichem Verständnis diese Bücher an sich. Sonst wären sie sicher verlorengegangen. Auf dieselbe Weise wurden die Schriften des Hermann van Goch erhalten.
Ein Anreiz dazu werden wohl auch die verschiedenen Testamentszusätze gewesen sein, die sich in den Büchern befinden, sowie die Notwendigkeit und Möglichkeit für den Rat, aus diesen Büchern genaue Belehrung über die Weinsbergischen Familien- und Güterverhältnisse zu erlangen. Bestätigt wird diese Vermutung durch eine Notiz der Ratsprotokolle vom 22. September 1600: "Gotschalk Ordenbach soll ex libris Hermanni Winsberg dasjenig extrahiert und mitgeteilt werden, dazu er interessiert" [149].
Unter der Familie Weinsberg brachen aber immer neue Streitigkeiten aus, die ihren Niederschlag in den Ratsprotokollen finden. Im Januar A. 1601 beschloß der Rat, ohne weiteren Verzug der Weinsbergischen Sach' ein Ende zu machen [150]. Ein Decretum des Senats vom 28. März 1601 beschloß die Subhastation der gesamten Güter [151]. Der Erlös sollte vorerst in die Kanzlei fließen und später verteilt werden. Der Rat dachte, auf diese Weise Ruhe zu bekommen, hatte aber falsch gerechnet. Nach weiteren Verhandlungen wurde am 13. Juli 1601 die Ausführung des Decretes beschlossen, die dann auch vor sich ging [152]. Die Eingaben an den Rat aber wuchsen unheimlich [153].
Hermann war so ins Elend gekommen. A. 1602 wird er als "tanquam vagabundus" erwähnt [154]. Er prozessierte am Reichskammergericht gegen die Stadt Köln, wobei er, auch von sich selbst, immer "der arme man" genannt wird. Nach wüsten Auftritten in der Familie wurde er am 14. Oktober 1603 wieder in Haft gesetzt und erneut in Untersuchung über den Tod der Sibilla gebracht [155]. Bei einem Streite mit dem Manne der Halbschwester Eva soll dieser gesagt haben, wenn man ihm, Hermann, in der Folter einige 50 Pfund mehr angehangen habe, hätte er wohl anders ausgesagt. Und die Schwester soll gesagt haben: "Wie nach willstu meinem man tun, wie du der moenen getan?" Die eigene Familie hielt ihn also für den Mörder.
Hermann blieb den ganzen Winter über in Haft und starb "in carcere" am 17. April 1604. Die Ratsprotokolle fügen hinzu, daß er "catholice gestorben" [156].
Die Bittgesuche an den Rat wegen der Vermögensverteilung gingen in endloser Zahl weiter [157]. Weitere Streitigkeiten erhoben sich, bis im Jahre 1608 ein Endpunkt erreicht wurde, in dem das Vermögen Weinsbergs nun doch unter die Verwandten verteilt wurde. Aus demselben Jahre haben wir auch eine Supplikation [158] eines Verwandten gegen die konkurrierenden Familienmitglieder, woraus wir erfahren, wie man damals schon über diese ganze Angelegenheit dachte. Dieser Mann, Gottschalk Ordenbach, der (s. oben) die Bücher Weinsbergs eingesehen hatte, schildert hier noch einmal die Entstehung dieser Wirren: "- obwoll ernenter mein ohem ll. Hermannus Winsberg in einem ahngemasten testament mit unglaublicher sorgfeltigkeit sich beladen, unser geschlecht zu erhohen und zu erheben, zu dem endt mit keinen geringen caeremonien verscheidene anordnung geschaft, dennoch weil ein jedweder damitten seinen schimpf und spott getrieben, den erbgenamen auch den leuden das maul zu stopfen unmoglich gewesen, doch mit der angemaister disposition so wenig das geschlecht erhohet und zum guten gedeien geraten, das es dadurch stracks in ipso limine gesturzt, auch daraus so vil ergernuss, spaltung; irsal und leidige pfeel sich erhaben, das die große des jammers mit zungen nicht auszusprechen, daher dan, weil die samptliche erbgenamen mit alsolichem unleidentlichem last oder geferlicher regierungen und hausvatterschaft sich zu beladen nicht gewist - die sembtliche heredes -gespetten, die gutter ab intestato - austheilen - zu lassen -."
Hier wird eine Ansicht klar ausgesprochen, der man auch heute beipflichten muß, nämlich daß das Testament diese Familie zugrunde gerichtet hat. Der Testamentsgedanke aber ist mit allem, was mit ihm zusammenhängt, die Ursache der Entstehung dieser Chronik. Die Stadt Köln hat mit dem Unglück und dem Blute einer ihrer Familien für diesen kostbaren Schatz bezahlen müssen.
Wenden wir uns nun dem Werke selbst zu.
Weinsberg begann mit der Abfassung seines dreibändigen "Gedenkboiches der jaren" in der Weihnachtswoche des Jahres 1560 [159]. Höhlbaum hat mit Recht dieser Chronik den Titel "Das Buch Weinsberg" gegeben, den eigentlich das fälschlich sogenannte Materialienbuch trägt. Weinsberg begann mit dem Heiratsjahr seiner Eltern 1517, und führte in 7 Monaten und 4 Tagen seine Lebensgeschichte bis 1555 aus. Den äußeren Anstoß zur Ausarbeitung gab ihm der Kauf des neben seinem Hause Cronenberg gelegenen Hause Vuilappel. Weinsberg konnte sich dabei stützen auf einige Vorarbeiten, Sammlungen an "allerlei obligationen, contracten, handlungen" usw. [160] aus den Jahren 1555/56 und legte sich zur Unterstützung seines Gedächtnisses und um seiner Lebensgeschichte einen politischen Hintergrund zu geben, einige Chroniken zur Seite [161]. Dieser Abschnitt seines Buches trägt deutlich den Charakter von größtenteils aus dem Gedächtnis und mit viel Behagen niedergeschriebenen Lebenserinnerungen der Jugendzeit. Anders wird das Bild des Werkes, als Weinsberg sich für die Schilderung der Jahre nach 1550 auf die von ihm seitdem geführten "almanachs-boichlin" stützen kann. Die kurzen Notizen dieser bis 1561 auf zwölf angewachsenen Büchlein sind in der knappen Form der Darstellung dieser Jahre deutlich wiederzufinden. Von da an führte er seine Chronik tagebuchartig weiter. Er wartete aber stets einen oder mehrere Monate mit der Niederschrift, bis er über die beizufügenden politischen Nachrichten die nötige Gewißheit hatte. So haben wir nun drei große Bände seines "gedenkboiches". Das erste reicht bis zum Jahre 1577 einschließlich und führt bei Weinsberg den besonderen Titel "liber juventutis". Die zehn folgenden Jahre 1578-87 behandelt der größte, zweite Band mit dem Untertitel "liber senectutis", und die letzten Jahre bis zum Tode umschließt der dritte Band, "liber decrepitudinis".
Nach den kurzen Notizen in der zweiten Hälfte des "liber juventntis", vom Jahre 1550 an, wird Weinsbergs Darstellung, besonders im Buche "senectutis" sehr breit, um nachher, besonders im letzten Band, zu einer unglaublichen Weitschweifigkeit auszuarten. Was Weinsberg zuletzt an langweiligen Betrachtungen und Wiederholungen leistet, ist ein erschreckendes Beispiel für greisenhafte Geschwätzigkeit.
Im ganzen hinterließ Weinsberg ungefähr 7000 engbeschriebene Folioseiten mit Ausnahme der umfangreichen Testamente. Es sind außerdem nicht alle Handschriften von ihm erhalten. Er zählt im Deklarationsbuche neben seinen bekannten, uns erhaltenen Schriften noch weiter auf: "die hausregeln, copienboich, protocollboich, rentboich, rechensboich, ephemerim, annales, diaria, conceptboich, clackboich" [162].
Unter "ephemeris, annales, diaria" muß man wohl die vorher erwähnten Tagebücher verstehen. Auf das Kopienbuch, das Abschriften aller Verträge enthielt, wird in der Chronik häufig verwiesen, ebenso auf die eifrig geführten Rechenbücher, deren Verlust als Quelle für das Wirtschaftsleben dieser Familie besonders schmerzlich ist. Aus den sonst aus Weinsbergs Schriften noch zutage geförderten Blättern und besonders den auf die Ereignisse nach Weinsbergs Tod bezüglichen Handschriften habe ich noch einen "Nachlaßband" zusammengestellt.
Weinsberg Handschrift ist im allgemeinen recht schön und klar, besonders in den ältesten Teilen, der Fabelgeschichte seines Hauses. Doch wird die Schrift stets schlechter und kleiner, was mit Weinsbergs Augenleiden zusammenhängt. Im letzten Band ist seine Handschrift nur noch von der Größe der heutigen Druckschrift.
So ist es erklärlich, daß die Chronik allein schon äußerlich durch ihren großen Umfang und ihre schwere Lesbarkeit der erfassenden Durchdringung große Schwierigkeiten entgegensetzt.
Wenn nun kurz die Bedeutung dieser Quelle dargelegt werden soll, so sei vorher nochmals ausdrücklich betont, was auch aus den vorausgegangenen Ausführungen hervorgeht, daß die Weinsbergische Chronik eine Fortsetzung der fabelhaften Familiengeschichte und die Grundlage für das Fideikommiß darstellt. Sie ist gedacht als ein Nachschlage- und Auskunftsbuch für den künftigen Hausvater, der auch oft darin angeredet wird. "Item min meinung, warumb ich diss boich angefangen und zu vollherden mit gotz gnaden gemeint sin, ist desse, uff das min erb und truhender nach nur von etlichen hendeln ein glaubhaftigen bericht mogen haben, darnach sei sich nach minem doit zum teil mochten berichten, und ich Herman vurs. will, das man dissem boich, das ich mit eigner hand geschriben hab, glauben zu soll stellen, dan das sulches war sei, behalt ich bei miner selen selicheit, es sei widder mich oder mit mir" [163].
Gerade dieser letzten Versicherung darf man rückhaltlos Glauben schenken. Weinsberg ist, abgesehen natürlich von seinen phantastischen Ideen, durchaus wahrheitsliebend und glaubwürdig. Er schrieb ohne Rücksicht auf die Oeffentlichkeit nur in dem festen Glauben, pietätvolle Familienmitglieder würden nach seinem Tode aus den sorgsam geheim gehaltenen Bänden [164] über den Stifter des Hauses nachlesen wollen.
Weinsbergs Glaubwürdigkeit läßt sich am besten nachprüfen an den politischen Nachrichten, die er uns gibt. Nirgendwo wird er von anderen Quellen, so z. B. von den Ratsprotokollen, widerlegt. Die Art und Weise, wie er die gedruckten Quellen, für den ersten Teil einige zeitgeschichtliche Chroniken und später die sog. Zeitungen, benutzt, läßt sich in allen Einzelheiten nachprüfen [165]. Sie beweist, daß wir es hier mit einem selten objektiven Schriftsteller zu tun haben. Seine natürliche Leidenschaftslosigkeit kommt ihm hier zugute. Er beschönigt oder verschweigt nichts. Ueber sich selbst, seinen Charakter, sowie intime Familienangelegenheiten, spricht er mit einer Offenheit, die nur der streng private Charakter seiner Bücher erklären kann. Man kann ihn an mehreren Stellen auch hier nachprüfen, so z. B. in seinem Streit mit einem Studenten, den er als Rektor der Kronenburse auszufechten hatte, und ferner in einem Streit mit einem eifersüchtigen Bartscherer. In beiden Fällen kann man die gegen ihn dem Rate eingereichten Klageschriften neben seine eigenen Berichte halten und man muß sagen, daß Weinsberg auch in diesen Fällen, wo die leidenschaftliche Erregung sonst mitspricht, uns im großen ganzen ein zutreffendes Bild der Vorgänge gibt [166].
So stehen wir mit vollem Vertrauen vor dem ungemein reichen Leben, das sich uns in den Blättern dieser Chronik auftut. Wir begleiten das 79jährige persönliche Leben des Verfassers und den Aufstieg und Niedergang seiner Familie. Darüber hinaus kommt das ganze Leben und Treiben der damaligen Reichsstadt zum Ausdruck. Die Kultur dieser Zeit wird nicht erschöpfend behandelt, aber in so unendlich vielen Einzelzügen uns vor Augen geführt, daß wir daraus das wertvollste Mosaik gewinnen können.
Weinsberg beginnt mit einer Schilderung seiner Kindheit und Jugendjahre. Wir sehen das spielende Kind, hören von seinen Jugendstreichen, finden ihn bei der Mitarbeit im Haushalt und erleben seine Schüler- und Universitätszeit. Dann erweitert sich sein Gesichtskreis und die Schilderung städtischer Ereignisse nimmt einen breiteren Raum ein. Im Jahre 1543 wurde er zuerst zum Ratsherrn gewählt, noch vor dem Abschluß seines Studiums. Seitdem finden alle kölnischen Dinge sein größtes Interesse. Schon im Jahre vorher war er mit seinem Vater, der das Amt eines "burggreven" innehatte, in die Dienstwohnung im Rathause selbst gezogen und lebte so im Mittelpunkt des städtischen Betriebs. Im Laufe seines Lebens wurde er 14mal zum Rate gewählt, und nach dem Tode des Vaters hatte er 16 Jahre lang selbst das Burggrevenamt inne. Wenn er als Ratsherr nach Ablauf des Jahres austrat, übertrug man ihm regelmäßig irgendein städtisches Amt, das, seiner Vorbildung entsprechend, meist richterlicher Art war. Oft wurde er Klagherr und Urteilsmeister, und im hohen Alter übertrug man ihm das sehr angesehene und nur den "großen hansen" zufallende Amt des Ratsrichters. Wertvolle Ergänzungen kann er uns zu den Ratsprotokollen geben, vor allem kennzeichnet er den "Kölnischen Klüngel", über den er manches Klagelied singt, ohne selbst völlig davon frei zu sein. In den beiden letzten Büchern hat er die Gewohnheit, bei jedem Todesfall eines Ratsherrn eine eingehende Charakteristik des Verstorbenen zu geben. Lebhaftesten Anteil nimmt er an seiner eigenen Gaffel, dem Schwarzhause. Hier stand sein Vater, und schon vorher sein Großvater in großem Ansehen. Von allen Angelegenheiten seiner Gaffel berichtet er treulich, über ihr Haus, Zusammenkünfte, Hergang der Wahlen usw. Bei der Schilderung der Feste nennt er uns die Namen der Mitglieder, ferner führt er die Kostenberechnung des Festes an usw.
Doch bleibt Weinsbergs Interesse nicht bei seinen eigenen Angelegenheiten stehen. Es erstreckt sich über die ganze Stadt. Er kennt die Kölner Familien und ihre Schicksale, ihre Häuser und Wappen. Er besucht die Klöster und Convente und kennt und beschreibt das Leben der Kleriker. Er erzählt den Lebenslauf bekannter Kölner Bürger. Besonders Heiraten in der Stadt entgehen ihm nicht. Anschaulich schildert er das Leben und Treiben in seinem Wohnwinkel, der Gegend Blaubach, Waidmarkt und Hohepforte. Durch Weinsbergs Teilnahme am städtischen Wachtdienst hören wir von seiner Wahl zum Bürgerhauptmann, seiner Ausrüstung, von festlichen Zusammenkünften des Fähnleins, Begräbnissen u. dgl.
Viel berichtet er ferner vom kirchlichen Leben in seiner Pfarre. Er ist Kirchmeister und steht somit mitten im Betrieb der Kirchenverwaltung. Die regelmäßigen Versammlungen des Kirchenrats, die Rechnungsablagen, Neubauten, Messen, Zwistigkeiten mit dem Pastor werden getreu von ihm angeführt. Er ist Mitglied einer Bruderschaft, "Unsere liebe Frau" genannt, und plaudert von deren Mitgliedern und Festen. Die kirchlichen Feiertage werden regelmäßig besprochen und dazu vermerkt, wie er sie gefeiert hat. - In erster Linie behandelt er natürlich sein eigenes tägliches Erleben, große, kleine und kleinste Ereignisse. Wir finden bei ihm eine auch bei Erasmus und Konrad Heresbach vorkommende Art der peinlichsten Beobachtung und Wiedergabe des Kleinen. Dieser recht humanistische Zug kommt Weinsbergs Art besonders entgegen. Neben Nachrichten über den Niederländischen Freiheitskrieg finden wir Abschnitte über "ons klein ketzlin". Besonders hier zu erwähnen sind vier große Selbstschilderungen, die er uns von seinen körperlichen und seelischen Eigenschaften entwirft. Sie sollen stehen an Stelle von Porträts und schildern mit großem Freimut seinen Körper und Geist. Hierhin gehören auch die ausführlichen Schilderungen seiner Krankheiten. Mit diesem persönlichen und zeitbedingten Zuge achtet er auf alle Kleinigkeiten des täglichen Lebens auch in seiner Umgebung. Nirgendwo sonst werden wir so intim in das Kölner Familienleben jener Zeit eingeführt. Das mühevolle Zustandekommen eines "heilich" und einer "brulofft" wird uns an vielen Beispielen vorgeführt, auch der seltenere Fall einer Ehescheidung ausführlich behandelt. - Wir kennen Weinsbergs Haus als wenn wir es gesehen hätten, und darin besonders sein Studierzimmer. Ja, wir wissen sogar, an welchen Tagen er es der Kälte wegen verlassen mußte, um "nach unten zu fahren" ins warme Stüblein neben der Küche. Wir wissen von Hausgeräten und Hausputz, von Spaziergängen und dem Zusammenleben mit der Familie. Jeden einzelnen kennen wir nachher so gut, daß wir leicht eine Monographie über ihn zusammenstellen könnten. Das gesamte Milieu einer Bürgerfamilie steht vor unsern Augen. Wir lernen Köln in ernsten und heitern Tagen kennen. Eine lebensfrohe Bevölkerung feiert ihre Volksfeste, wie z. B. Schützenfest, Petervinkelstag und wie sie alle heißen. "Zu Köllen wenig widerfirt, was nit mit wein bedronken wird."
Doch neben dem Bürgerstand lernen wir alle andern Stände kennen, Lehrlinge, wandernde Gesellen, Künstler, Geistliche, Adelige, Krieger, wie den Söldnerführer Konrad Eck, seinen Schwager, der zeitweilig Stadthauptmann und später Abenteurer war und in seltsamem Gegensatz steht zu der bedächtigen Art unseres Gewährsmannes. Ueber den Werdegang eines jeden wissen wir Bescheid und bei seinem Tode erfahren wir etwas über seinen Lebenslauf. - Zweimal gibt er uns einen großen Ueberblick über seine ganze große Familie, worauf in der Hauptsache die beigefügten Stammtafeln mit Erläuterungen beruhen.
Weinsberg ist seiner wirtschaftlichen Stellung nach ein Rentner, aber er muß genau rechnen, und hat auch für die finanzielle Seite und die wirtschaftliche Lage der Personen, die er schildert, ein offenes Auge. Ueber diese Wirtschaftsfragen werden wir bei ihm reichlich unterrichtet. Er interessiert sich für die Valutaschwankungen seiner Zeit und hält uns über die Preisschwankungen aller Gegenstände, besonders der Lebensmittel und des Weins, auf dem laufenden. Gerade nach dieser Seite hin ist Weinsberg als Quelle noch kaum beachtet worden. Ich habe versucht, aus den zahlreichen Rechnungen, die er mitteilt, einige Tabellen zusammenzustellen. In dieser Hinsicht sind besonders interessant die großen Abrechnungen über das Haushaltsbudget, die er jährlich mit seiner Familie hielt, über die Einkäufe für den Winter, die vorhandenen Vorräte und seinen Weinkeller.
Weinsberg hatte den Ehrgeiz, seinen Kölner Nachrichten einen hochpolitischen Hintergrund zu geben. Deswegen fügte er politische Abschnitte ein, in denen er aber keineswegs originell ist und die daher größtenteils hätten wegfallen können. Er ging sogar soweit, sein Buch zu einer Art Weltchronik auszugestalten, indem er, natürlich gestützt auf meist bekannte Vorlagen, Abschnitte über die Weltgeschichte von Adam bis Christus, die ägyptischen Könige, die deutschen Kaiser und die römischen Päpste einschaltete.
Für den künftigen Hausvater suchte er den Wert seines Buches noch besonders dadurch zu erhöhen, daß er eine große Reihe von besiegelten Testamentszusätzen einfügte.
Groß ist ferner die Zahl der eingestreuten deutschen und lateinischen Reimereien. Weinsberg als Dichter war bisher gar nicht bekannt. Ueber seine allerdings völlig unbedeutenden Versuche unterrichten einige mitgeteilte Stellen, die wegen ihres kulturhistorischen Gehalts von Bedeutung sind. - Die Weinsbergischen sehr zahlreichen Malereien sind nicht ohne Geschmack, verlohnen aber kaum eine Wiedergabe. Wohl ist aber die beigefügte Zeichnung seiner Häuserecke Blaubach-Hohepforte von Wichtigkeit.
So finden wir im Buche Weinsberg die Möglichkeit, das ganze Kleinleben eines Kölner Bürgers des 16. Jahrhunderts in einer erstaunlichen Genauigkeit kennenzulernen. Dieser ganze Reichtum war bisher verborgen unter einem Wust von uns heute nicht mehr interessierenden Ermahnungen an den Hausvater, Betrachtungen, Gebeten, Wiederholungen, Testamentszusätzen und Reimereien. Es wird hier der Versuch gemacht, das bisher unbeachtete, aber heute noch wertvolle Material der Oeffentlichkeit zugänglich zu machen.
 
Anmerkungen:
* Der Text ist erschienen als Einleitung zum fünften Band der Auswahlpublikation: Das Buch Weinsberg. Kölner Denkwürdigkeiten aus dem 16. Jahrhundert, Fünfter Band: Kulturhistorische Ergänzungen (Publikationen der Gesellschaft für Rheinische Geschichtskunde XVI), bearb. von J. Stein, Bonn 1926 (Nachdruck der Ausgabe: Düsseldorf 2000).
[1] Vgl. die Zusammenstellung bei J. Stein, Hermann Weinsbergals Mensch und Historiker. I. Teil: Diss. Jahrb. d. köln. Gesch.-Vereins 1917. Hier und bei E. Firmenich Richartz, Bartholomäus Bruyn, Leipzig1917, S. 19-20 finden sich die im folgenden besprochenen Bilder Weinsbergs und seines Vaters.
[2] Mat. fol. 203, 364, 539. Sen. Vorsatzblatt.
[3] II, 271.
[4] II, 373.
[5] III, 320.
[6] II, 375. IV, 257.
[7] III, 51.
[8] III, 216.
[9] IV, 231.
[10] IV, 68-70.
[11] Sen. fol. 563'-4.
[12] Sen. fol. 409'-410, 514'.
[13] I, 26.
[14] I, 153, 192. II, 332.
[15] Wolters, Konrad Heresbach, S. V.
[16] Juv. fol. 461'.
[17] Declarationsbuch fol. 154.
[18] Wohl das unten besprochene Werk des Georg Witzel.
[19] Als ihm diese durch Ausleihen verloren ging, kaufte er zum Ersatz "locos communes aller richs abscheide und constitutionum". Juv. fol. 328'
[20] Executorenbuch S. 3.
[21] Rechnungsbuch Nr. 1396, fol. 57'.
[22] I, 53.
[23] III, 45.
[24] I, 74.
[25] Allg. Deutsche Biogr. Bd. 22, S. 358.
[26] I, 69
[27] IV, 138.
[28] IV, 68.
[29] Sen. Bl. 1-5, 51'-52.
[30] I, 38.
[31] II, 285.
[32] I, 104.
[33] I, 116.
[34] I, 124.
[35] Sen. fol. 405.
[36] Decr. fol. 274. Einige Sen. fol. 402' ungenau angeführte juristischeWerke ließen sich nicht feststellen.
[37] I, 51. Allg. Deutsche Biogr. Bd. 43, S. 657.
[38] I, 214. II, 78.
[39] III, 318.
[40] Decr. fol. 471'.
[41] Decr. fol. 227'. 265'.
[42] A. D. B. Bd. V S. 155; Bd. XXXIX S. 181.
[43] I, 321.
[44] Decr. fol. 106.
[45] I, 84. Mat. fol. 410. Es handelt sich wohl um den 1527 entstandenen und in Köln gedruckten "Schryfftspiegel"; s. Jellineck, Gesch.der neuhochd. Gram. Heidelberg 1913, Bd. I, § 15 und 16.
[46] II, 232.
[47] IV, 129.
[48] Sen. fol. 606. Decr. fol. 43'.
[49] Mat. fol. 170'.
[50] Mat. fol. 262-322.
[51] Sen. fol. 147'.
[52] Sen. fol. 544.
[53] Mat. fol. 127'. Decr. 439'.
[54] Sen. fol. 519.
[55] Decr. fol. 367'-8.
[56] Sen. fol. 305', 519. Mat. fol. 151, 410.
[57] Sen. fol. 84. Mat. fol. E. und öfter.
[58] Sen. fol. 134-137. Mat. fol. 410.
[59] Bd. I Anm.
[60] Mat. fol. 369.
[61] III, 7.
[62] Sen. fol. 305'. Decr. fol. 347, 407'.
[63] IV, 63, 197.
[64] II, 370.
[65] Decr. fol. 225 und öfter.
[66] Sen. fol. 153', IV, 29.
[67] Sen. 684.
[68] IV, 95, 96, 231.
[69] Sen. fol. 309'.
[70] IV, 36.
[71] III, 409.
[72] III, 409.
[73] Decr. fol. 448.
[74] IV, 2.
[75] II, 381.
[76] III, 123.
[77] III, 132.
[78] III, 289.
[79] II 282.
[80] IV, 204, 225.
[81] III, 75.
[82] Siehe meine Dissertation.
[83] Sen. fol. 334'-35.
[84] Sen. fol. 10' ff.
[85] Sen. fol. 210-210' und 216.
[86] Sen. fol. 615-616.
[87] Patroklus ist der Schutzheilige der Stadt Soest.
[88] Sen. fol. 613-16, 617-20.
[89] Mat. fol. 202-202'.
[90] I, 117.
[91] Sen. 81.
[92] Sen. 292-93.
[93] Decr. 397-399'.
[94] Sen. 134-137.
[95] Mat. fol. E.
[96] Sen. 305', 519. Decr. 347 f. und 407'.
[97] Vgl. Dr. Silbernagel, Joh. Trithemius, Landshut 1868 S. 189 ff.
[98] Vgl. Silbernagel a. a. O. und Wegele, Geschichte d. d. Historiographie 1885, S. 78 ff.
[99] S. besonders Sen. fol. 482', desgl. fol. 84; Mat. 410; I, 261; IV, 50.
[100] H. Keussen, Mitt. aus d. Stadtarchiv z. Köln Heft 34, 1912, S. 204 bis205.
[101] Decr. fol. 405. Sen. fol. 305.
[102] I, 290.
[103] II, 273.
[104] I, 220.
[105] IV, 92. Vgl. Fahne, Gesch. d. Köln., Jül.-Berg. Geschlechter,Bd. I, S. 49 und 400; freundlicher Nachweis von Herrn Dr. W. Baumeister, Köln.
[106] I, 342.
[107] Sen. fol. 23, 295, 510.
[108] Executorenbuch S. 4.
[109] I, 321.
[110] II, 300, 303.
[111] Testament Nr. W 195.
[112] Testament Nr. W 196. Abschrift im Declarationsbuche fol. X-XV.
[113] Sen. fol. 178'-181'.
[114] Sen. fol. 464, 485-6. Decr. fol. 370'.
[115] Decr. fol. 96-96'.
[116] Decr. fol. 313'.
[117] Sen. fol. 105'-106'.
[118] Sen. fol. 195', 284'. Decr. fol. 360, 530'-531.
[119] Sen. fol. 177-178'.
[120] Z. B. Sen. fol. 275-5'.
[121] Z. B. Sen. fol. 295.
[122] Sen. fol. 388.
[123] Sen. fol. 604.
[124] Decr. fol. 389.
[125] Decr. fol. 400.
[126] Rpr. 47, fol. 100'. Frdl. Nachweis von Herrn Dr. Holt, Köln.
[127] Juv. fol. 416.
[128] Nachlaßband Weinsberg.
[129] Wetzlar, Staatsarchiv. Preußen litt W 481/1559 Bl. 11.
[130] Der genaue Tag steht nicht fest. Im Rpr. 47 fol. 181' findet sichzum 23. Juli 1597 der Vermerk: "An stadt Gottschalk Winßberg huismeisters im Fischkaufhaus ist Johann Binsfeld gekorn."
[131] Vgl. Hermanns d. j. eigene Notizen im Rechnungsbuche Nr. 1391,fol. 57, 58' usw. Rpr. 47, fol. 128', 143.
[132] Abschrift des Testamentes, Akten fol. 26-31. S. auch Decr.fol. 418'-419, wo Sibilla ihrem Bruder Mitteilung von ihrem Plane machte.
[133] Wetzlarer Akten s. o. S. 218.
[134] Turmbuch Nr. 21, fol. 204-206, 219'-220.
[135] Desgl. fol. 203'-204.
[136] Turmb. 21 fol. 219'-220.
[137] Akten fol. 49-50.
[138] Rpr. 48, fol. 59', 76', 100 usw.
[139] Rpr. 48, fol. 73'-74.
[140] Z. B. Rpr. 48, fol. 88-88', 105', 151'.
[141] Turmbuch 21, fol. 200'-256'.
[142] Turmbuch 22, fol. 41-47. Rpr. 48, fol. 250-251'.
[143] Wetzlarer Akten fol. 20.
[144] Rpr. 48, fol. 279'-280.
[145] Desgl. fol. 283.
[146] Desgl. fol. 286'.
[147] Rpr. 49, fol. 46', 47, 102'-103.
[148] Rpr. 49, fol. 225'-226.
[149] Rpr. 50, fol. 139'.
[150] Desgl. fol. 227'.
[151] Desgl. fol. 330.
[152] Rpr. 51, fol. 96'. Rpr. 52 fol. 222.
[153] Rpr. 51, fol. 61', 94'-95, 124, 225'-6, 290, 333' usw.
[154] Rpr. 52, fol. 133'.
[155] Turmbuch Nr. 25, fol. 4-25'.
[156] Turmbuch Nr. 25, fol. 5. Rpr. 53, fol. 358.
[157] Rpr. 53, fol. 311'-12', 350. Rpr. 54, fol. 7, 12', 199 usw. S. besonders Bd. 56.
[158] Akten fol. 103-105'.
[159] II 79, 112.
[160] I, 4. Juv. 341.
[161] Ueber Weinsbergs Methode bei Abfassung dieses Teils seines Werks, siehe m. Diss. II. Teil
[162] Decl.-Buch fol. 154.
[163] Juv. fol. 341.
[164] "Liber domesticus seu familiaris" (I 5).
[165] S. m. Diss. Teil II.
[166] I, 149-190 und Akten der Universität 29. Dez. 1541.
 
 
nach oben
 
 
Tobias Wulf: KOMMENTIERTE AUSWAHLBIBLIOGRAPHIE
 
1. Die Quelle und ihre Edition
 
1.1 Die Quelle:
 
Die Originalquelle befindet sich im Historischen Archiv der Stadt Köln:
*Gedenkboich der jaren Hermanni von Weinsberch, liber juventutis = Historisches Archiv der Stadt Köln, Chroniken und Darstellungen 49.
*Gedenkboich der jaren Hermanni von Weinsberch, liber senectutis = Historisches Archiv der Stadt Köln, Chroniken und Darstellungen 50.
Gedenkboich der jaren Hermanni von Weinsberch, liber decrepitudinis = Historisches Archiv der Stadt Köln, Chroniken und Darstellungen 51.
*Boich Weinsberg = Historisches Archiv der Stadt Köln, Chroniken und Darstellungen 52.
 
1.2 Die Edition:
 
Zunächst präsentierte der Entdecker der Quelle erste Auszüge:
*L. Ennen, Das Buch Weinsberg, in: Annalen des historischen Vereins für den Niederrhein 1859 (Bd.6), S.122ff. (später auch in: Zeitschrift für deutsche Kulturgeschichte 1872).
*L. Ennen, Aus dem Buche Weinsberg, in: Zeitschrift für deutsche Kulturgeschichte N.F. 1 (1872), S.554-570, 613-636, 764-775.
 
Erstes Interesse zeigte der Germanist Anton Birlinger:
*A. Birlinger, Aus dem Buche Weinsberg, in: Germania. Vierteljahrsschrift für deutsche Alterthumskunde 19, N.F. 7 (1874), S.78-94.
 
Birlinger druckte die Geschichte Aramonds im Urtext und eine Auswahl aus Weinsbergs Sprichwörtersammlung ab, die später überging in
*K. F. W. Wander (Hg.), Deutsches Sprichwörter-Lexikon. Ein Hausschatz für das deutsche Volk, 5 Bde., Leipzig 1867-1880, Bd. 4 und 5.
 
Birlinger berichtet auch davon, dass der Stuttgarter Literarische Verein die Ausgabe der Aufzeichnungen plane, doch dazu kam es nicht. Stattdessen nahm sich die Gesellschaft für Rheinische Geschichtskunde der Publikation an:
*Jahresberichte der Gesellschaft für Rheinische Geschichtskunde 1ff. (1881ff.).
 
Die Auswahlpublikation erschien dann in den Jahren 1886 bis 1898.
*Das Buch Weinsberg. Kölner Denkwürdigkeiten aus dem 16. Jahrhundert, Erster Band (Publikationen der Gesellschaft für Rheinische Geschichtskunde III), bearb. von K. Höhlbaum, Leipzig 1886 (Nachdruck der Ausgabe: Düsseldorf 2000).
*Das Buch Weinsberg. Kölner Denkwürdigkeiten aus dem 16. Jahrhundert, Zweiter Band (Publikationen der Gesellschaft für Rheinische Geschichtskunde IV), bearb. von K. Höhlbaum, Leipzig 1887 (Nachdruck der Ausgabe: Düsseldorf 2000).
*Das Buch Weinsberg. Kölner Denkwürdigkeiten aus dem 16. Jahrhundert, Dritter Band (Publikationen der Gesellschaft für Rheinische Geschichtskunde XVI), bearb. von F. Lau, Bonn 1897 (Nachdruck der Ausgabe: Düsseldorf 2000).
*Das Buch Weinsberg. Kölner Denkwürdigkeiten aus dem 16. Jahrhundert, Vierter Band (Publikationen der Gesellschaft für Rheinische Geschichtskunde XVI), bearb. von F. Lau, Bonn 1898 (Nachdruck der Ausgabe: Düsseldorf 2000).
 
Der erste Editor Konstantin Höhlbaum plante wohl einen Erläuterungsband, zu dem es aber nicht kam; es blieb bei einem ausdrücklich als Studie sazu deklarirten Beitrag über den Kölner Aufruhr von 1525:
*K. Höhlbaum, Aussagen und Urtheile über den Kölner Aufruhr von 1525, in: Mitteilungen aus dem Stadarchiv von Köln 21 (1892), S.45-64.
 
1926 erschien schließlich aufgrund der offensichtlichen Mängel der bisherigen Veröffentlichungen ein Ergänzungsband, bearbeitet von Josef Stein, der schon seine Dissertation über Hermann Weinsberg verfasst hatte (s.u.):
*Das Buch Weinsberg. Kölner Denkwürdigkeiten aus dem 16. Jahrhundert, Fünfter Band: Kulturhistorische Ergänzungen (Publikationen der Gesellschaft für Rheinische Geschichtskunde XVI), bearb. von J. Stein, Bonn 1926 (Nachdruck der Ausgabe: Düsseldorf 2000).
 
In den 60er Jahren erschien dann eine auch für Laien gedachte und deshalb ins Hochdeutsche übersetzte Auswahl, die sich im Wesentlichen an der Biographie Weinsbergs orientierte:
*Das Buch Weinsberg. Aus dem Leben eines Kölner Ratsherrn, hg. Von J.J. Hässlin, Stuttgart 1961.
 
Rezensiert von:
*M. Zehnder, in: Rheinische Vierteljahrsblätter 26 (1961), S. 366-370.
*J. Helmrath, in: Geschichte in Köln 29 (1991)
 
1.3 Aktuelle Editionsvorhaben:
 
1.3.1 Das Memorialbuch von St. Jakob:
 
Auf die Quelle aufmerksam gemacht hat schon früh:
*T. Paas, Ein neues Buch Weinsberg, in: Jahrbuch des Kölnischen Geschichtsvereins 15 (1933), S.161-167.
 
Durchgeführt wird das Vorhaben allerdings erst jetzt durch Joachim Oepen am erzbischöflichen Diözesanarchiv in Köln; dazu:
*Joachim Oepen, Ein neues Buch Weinsberg, in: Geschichte in Köln 46 (1999), S.123-129.
 
Die Quelle selbst wurde bis dato kaum berücksichtigt; nur:
*K. Corsten, Studien zur Pfarrgeschichte von St. Jakob in Köln, in Annalen des Historischen Vereins für den Niederrhein 158 (1956), S.5-86.
*L. Arntz/ H. Neu/ H. Vogts (Bearb.), Die Kunstdenkmäler der Stadt Köln, Bd.2, Abtlg.3, Erg.-Bd.: Die ehemaligen Kirchen, Klöster, Hospitäler und Schulbauten der Stadt Köln, Düsselorf 1937, S.40-47.
 
1.3.2 Als Referenz für die Richtlinien des Bonner Weinsberg-Projektes können angegeben werden:
 
a) Die Grundlagen der alten Edition:
*K. Menzel, Bestimmungen über die Herausgabe handschriftlicher Texte, in: Jahresberichte der Gesellschaft für Rheinische Geschichtskunde 1 (1881), S.1-7.
*J. Weizsäcker, Vorwort, in: H. Heimpel, Deutsche Reichstagsakten, Ältere Reihe, in: Die Historische Kommission bei der bayerischen Akademie der Wissenschaften 1858-1958, Göttingen 1958, S.82ff. und W. Kaemmerer, Aus Reichtagsakten des 15. und 16. Jh., Göttingen 1958.
 
b) Die für uns maßgeblichen aktuellen Beiträge sind:
*Werner Besch, Editionsprinzipien in interdisziplinärer Abstimmung. Annäherung bei der Herausgabe deutscher Texte der frühen Neuzeit, in: M. Nikolay-Panter/ W. Janssen/ W. Herborn (Hg.), Geschichtliche Landeskunde der Rheinlande. Regionale Befunde und raumübergreifende Perspektiven. Georg Droege zum Gedenken, Köln/ Weimer/ Wien 1994, S.467-489.
*J. Schultze, Richtlinien für die äußere Textgestaltung bei Herausgabe von Quellen zur neueren deutschen Geschichte, in: W. Heinemeyer (Hg.), Richtlinien für die Edition landesgeschichtlicher Quellen, Marburg/ Köln 1978, S.25-36.
 
c) Weitere Literatur zum Diskurs über die Edition frühneuzeitlicher Quellen:
*Bericht über die dritte Versammlung deutscher Historiker 18. bis 21. April 1895 in Frankfurt a.M., Leipzig 1895, S.18ff.
*Bericht über die 17. Versammlung deutscher Historiker zu Halle 1930, München 1931.
*L. Mundt (Hg.), Probleme der Edition von Texten der frühen Neuzeit. Beiträge zur Arbeitstagung der Kommission für die Edition von Texten der frühen Neuzeit (Editio 3), Tübingen 1992.
*S. Pastenaci, Probleme der Edition und Kommentierung deutschsprachiger Autobiographien und Tagebücher der frühen Neuzeit, dargestellt anhand dreier Beispiele, in: J. Golz (Hg.), Edition von autobiographischen Schriften und Zeugnissen zur Biographie. Internationale Fachtagung der Arbeitsgemeinschaft für Germanistische Edition an der Stiftung Weimarer Klassik 2.-5. März 1994; autor- und problembezogene Referate (Beihefte zur Editio 7), Tübingen 1995, S.10-26.
 
2. Sprachwissenschaft
 
Zum Verständnis der Sprache Weinsbergs seien die Glossare der Auswahlpublikation empfohlen; außerdem:
*J. Müller (Hg.), Rheinische Wörterbuch, 9 Bde., Bonn 1928-1971.
*K. C. Schiller/ A. Lübben (Hg.), Mittelniederdeutsches Wörterbuch, 6 Bde., Bremen 1875-1881.
*E. Verwijs/ J. Verdam (Hg.), Middelnederlandsch wordenboeck, 11 Bde., Nachdr. Zedelgem 1990-1993.
 
Als Anhaltspunkte für die Erstellung der Richtlinien zur Edition dienten:
*Zur Handschrift: H. Gutzwiller, Die Entwicklung der Schrift vom 12. bis 19. Jahrhundert, Solothurn 1981.
*Zur Interpunktion: B. Garbe (Hg.), Texte zur Geschichte der deutschen Interpunktion und ihrer Reform 1462-1983 (Germanistische Linguistik 4-6/83), Hildesheim/ Zürich, New York 1984.
*Zu den Abkürzungen: P. A. Grun, Schlüssel zu alten und neuen Abkürzungen (Grundriß der Genealogie 6), Limburg/ Lahn 1966.
 
Zur weiteren Vertiefung sprachwissenschaftlicher Fragestellungen seien empfohlen:
*M.-L. Balan, Zur neuhochdeutschen Diphtongisierung im Kölner Buch Weinsberg, in: Rheinische Jahresblätter 33 (1969), S. 336-387.
*W. Besch, Bemerkungen zur schreibsoziologischen Schichtung im Spätmittelalter, in: W. Besch u.a. (Hg.), Die Stadt in der europäischen Geschichte (Festschrift Edith Ennen), Bonn 1972, S. 459-470.
*M. Elmentaler, Zur phonischen Interpretierbarkeit spätmittelalterlicher Schreibsprachen, in: V. Honemann u.a. (Hg.), Beiträge zur Sprache und Literatur des Mittelalters in den 'nideren landen'. Gedenkschrift für Hartmut Beckers. Köln u.a. 1999, S.87-103.
*M. Elmentaler, Der Erkenntniswert der schreibsprachlichen Variation für die Sprachgeschichte. Überlegungen zu den Ergebnissen eines Duisburger Graphematikprojektes, in: RhVjbll 65 (2001); S.290-314.
*W. Hoffmann, "Die groisse verenderong in der schrift ..." Zum Sprachwandel in Köln im 16. Jahrhundert, in: Rheinisches Jahrbuch für Volkskunde 25 (1983/84), S.63-84.
*W. Hoffmann, Zur Geschichte der Kölner Stadtsprache: Was man weiß, was man wissen möchte, in: G. Bauer (Hg.): Stadtsprachenforschung unter besonderer Berücksichtigung der Verhältnisse der Stadt Straßburg in Spätmittelalter und früher Neuzeit, Göppingen 1988, S. 95-121.
*W. Hoffmann, Rheinische Druckersprache und Reformation. Das Bonner Neue Testament von 1547, in: RhVjbll 55 (1991), S.135-175.
*W. Hoffmann, Rheinische Sprachverhältnisse im 16. Jahrhundert, in: RhVjBll 57 (1993), S. 137-157.
*W. Hoffmann, Das Projekt eines Historischen Rheinischen Wörterbuchs und seine Konzeption als historisches Regionalwörterbuch, in: ZfdPh 117 (1998), Sonderheft, S. 152-162.
*W. Hoffmann, Rheinische Sprachgeschichte im 16. Jahrhundert, in: J. Macha/ E. Neuss/ R. Peters (Hg.), Rheinisch-Westfälische Sprachgeschichte, Köln u.a. 2000, S. 123-138.
*W. Hoffmann, Namenkundlich auswertbare Bestände der stadtkölnischen Quellenüberlieferung, in: F. Debus (Hg.), Stadtbücher als namenkundliche Quelle. Vorträge des Kolloquiums vom 18.-20. September 1998, Mainz/Stuttgart 2000, S.107-118.
*W. Hoffmann, Der Kölner Chronist Hermann Weinsberg (1518-1597) und seine 'Namengesetze': Edition und Kommentar, in: G. Richter/ J. Riecke/ B.-M. Schuster (Hg.), Raum, Zeit, Medium - Sprache und ihre Determinanten. Festschrift für Hans Ramge zum 60. Geburtstag, Darmstadt 2000, S. 47-58.
*W. Hoffmann, Regionale rheinische Sprachgeschichte: Projekte und Desiderate, in: P. Wiesinger (Hg.), Akten des X. Internationalen Germanistenkongresses Wien 2000. "Zeitenwende - Die Germanistik auf dem Weg vom 20. Ins 21. Jahrhundert, Bd. 3: Aufgaben einer zukünftigen Sprachgeschichtsforschung (...), Bern u.a. 2002, S. 67-72.
*W. Hoffmann, Entregionalisierung im Kölner Buchdruck in den ersten Jahrzehnten des 16. Jahrhunderts?, in: R. Berthele u.a. (Hg.), Die deutsche Schriftsprache und die Regionen. Entstehungsgeschichtliche Fragen in neuer Sicht, Berlin/New York 2003, S. 231-251.
*H. Keller (Hg.), Pragmatische Schriftlichkeit im Mittelalter. Erscheinungsformen und Entwicklungsstufen, München 1992.
*J. Macha, Kölner Turmbücher - Schreibsprachwandel in einer seriellen Quelle der frühen Neuzeit, in: Zeitschrift für deutsche Philologie 110 (1991), S. 36-61.
*K. J. Mattheier, Wege und Umwege zur nhd. Schriftsprache, in: Zeitschrift für Germanistische Linguistik 9 (1981), S. 274-307.
*K. J. Mattheier, Das Rechnungsbuch der Elisabeth Horns. Sprach- und kulturgschichtliche Bemerkungen zu einem Kölner Gebrauchstext des späten 16. Jahrhunderts, in: RhWZVk 26/27 (1981/82), S.31-55.
*K. J. Mattheier, Sozialgeschichte und Sprachgeschichte in Köln. Überlegungen zur historischen Sprachsoziologie, in: RhVjbll 46 (1982), S.226-253.
*A. Mihm, Gesprochenes Hochdeutsch in der norddeutschen Stadt. Zur Modalität des Sprachwechsels im 16. und 17. Jahrhundert, in: P. Wagener (Hg.), Sprachformen. Deutsch und Niederdeutsch in europäischen Bezügen. Festschrift für Dieter Stellmacher zum 60. Geburtstag, Stuttgart 1999; S.67-80.
*A. Mihm, Oberschichtliche Mehrsprachigkeit und ‚language shift' in den mitteleuropäischen Städten des 16. Jahrhunderts, in: ZDL 68, 2000; S.257-287.
*A. Mihm, Ausgleichssprachen und frühneuzeitliche Standardisierung, in: RhVjbll 65 (2001), S.315-359.
*A. Mihm, Schreibsprachliche und akrolektale Ausgleichsprozesse bei der frühneuzeitlichen Standardisierung, in: R. Berthele u.a. (Hg.), Die deutsche Schriftsprache und die Regionen. Entstehungsgeschichtliche Fragen in neuer Sicht, Berlin/New York 2003, S. 79-110.
*R. Möller, Köln und das ‚Oberländische' im Spätmittelalter, in: RhVjbll 65 (2001), S.222-240.
*W. Scheel, Jaspar von Gennep und die Entwicklung der neuhochdeutschen Schriftsprache in Köln, Trier 1893.
*R. Schützeichel, Die Kölner Schreibsprache. Aufgaben und Problembereiche der Erforschung spätmittelalterlicher Schreibsprachen im Nordwesten, in: RhVjbll 27 (1962), S. 69-96.
*R. Schützeichel, Zur Erforschung der Herkunftsnamen in spätmittelalterlichen Quellen aus der Stadt Köln, in: Civitatum Communitas. Studien zum europäischen Städtewesen (Festschrift Heinz Stoob/Städteforschung A 21,1) hrsg. von Helmut Jäger u.a., Köln, Wien 1984, S. 148-157.
 
3. Ausgewählte Fragestellungen der historischen Forschung:
 
3.1 Einordnung der Quelle:
 
3.1.1 Jüngste Arbeiten:
 
In den letzten Jahren ist die Einordnung der Quelle von der Forschung noch einmal verstärkt thematisiert worden:
*S. Pastenaci, Erzählform und Persönlichkeitsdarstellung in deutschsprachigen Autobiographien des 16. Jahrhunderts. Ein Beitrag zur historischen Psychologie, Trier 1993.
*B. Studt, Der Hausvater. Haus und Gedächtnis bei Hermann von Weinsberg, in: RVjbll 61 (1997), S.135-160.
*G. Rohmann, Der Lügner durchschaut die Wahrheit: Verwandschaft, Status und historisches Wissen bei Hermann von Weinsberg, in: Jahrbuch des Kölnischen Geschichtsvereins 71 (2000), S.43-76.
 
Insbesondere Studt und Rohmann kommen unabhängig voneinander zu ähnlichen Ergebnissen und können als aktueller Stand bzgl. der Diskussion gelten; zusammenfassend auch noch einmal:
*G. Schwerhoff, Verklärung und Untergang des Hauses Weinsberg - eine gescheiterte Geltungsgeschichte, oder: Vom glücklichen Überlieferungs-Zufall eines Ego-Dokuments aus dem 16. Jahrhundert, in: J. Altenberend (Hg.), Kloster - Stadt - Region. Festschrift für Heinrich Rüthing, Bielefeld 2002, S.65-86.
 
3.1.2 Familien- und Hausbuchschreibung:
 
Studt und Rohmann ordnen die Aufzeichnungen Weinsbergs in den Kontext der Haus- und Familienbuchschreibung ein; dazu weitere Literatur:
*H. Bock (Hg.), Die Chronik Eisenberger. Edition und Kommentar. Bebilderte Geschichte einer Beamtenfamilie der deutschen Renaissance - Aufstieg in den Wetterauer Niederadel und das Frankfurter Patriziat (Schriften des Historischen Museums Frankfurt am Main Bd.22), Frankfurt a.M. 2002.
*D. A. Christ, das Familienbuch der Herren von Eptlingen. Kommentar und Transkription (Quellen und Darstellungen zur Geschichte des Kantons Basel/ Landschaft, Bd.41), Liestal 1992.
*H.-J. Friesen, Das Hausbuch der Herren von Hawill. Beschreibung, Datierung und Deutung der beiden Fassungen in Zürich und Basel, in: Basler Zeitschrift für Geschichte und Altertumskunde 94 (1994), S.29-74.
*H. Haller von Hallenstein, Nürnberger Geschlechterbücher, in: Mitteilungen des Vereins für Geschichte der Stadt Nürnberg 65 (1978), S.212-235.
*R. Jenny, Graf Froben Christoph von Zimmern. Geschichtsschreiber, Erzähler, Landesherr. Ein Beitrag zur Geschichte des Humanismus in Schwaben, Lindau/ Konstanz 1959.
*Ch. Klapisch-Zuber, Les généalogies florentines du XIVe et du XVe siècle, in: Le modèle familial européen. Normes, déviances, contrôle du pouvoir. Actes de séminaires organisés par l'École française de Rome et l'Università di Roma (Collection de l'École française de Rome), Rom 1986, S.101-131.
*Ch. Klapisch-Zuber, L'invention du passé familial à Florence (XIVe-Xve siècle),in : Temps, mémoire, tradition au moyen âge. Actes du XIIIe congres de la société des historiens médiévistes de l'enseignement superieur public, Aix-en-Provence 1983, S.95-118 (deutsch als : Die Erfindung der Familientradition, in : Dies. : Das Haus, der Name, der Brautschatz. Strategie und Rituale im gesellschaftlichen Leben der Renaissance (Geschichte und Geschlechter, Bd.7), Frankfurt a.M./ New York 1995, S.7-23).
*P. Monnet, Les Rohrbach de Francfort: Pouvoirs, affaires, et parenté a l'aube de la renaissance allemande (Travaux d'humanisme et renaissance 317), Genf 1997.
*P. Monnet, La ville et le nom. Le livre des Melem, une source pour l'histoire privée des élites Francfortoises â la fin du moyen âge, in : Journal des Savants 1990, S,491-540.
*J. Peterson, Die Vita des Aufsteigers. Sichtweisen gesellschaftlichen Erfolgs in der Biographik des Quattrocento, in: HZ 250 (1990), S.1-31.
*G. Rohmann, "Eines Erbaren Rhatz gehorsamer amptman". Clemens Jäger (1500-1561) und die Geschichtsschreibung des 16. Jahrhunderts, Augsburg 2001.
*G. Wolf, Autopoiesis und Autopoesie. Zur Funktion des Autors in frühneuzeitlichen Hauschroniken, in: F. Ph. Ingold/ Werner Wunderlich (Hg.), Fragen nach dem Autor. Positionen und Perspektiven, Konstanz 1992, S.61-71.
*U. M. Zahnd, Die autobiographischen Aufzeichnungen Ludwigs von Diesbach. Studien zur mittelalterlichen Selbstdarstellung im oberdeutschen und schweizerischen Raume (Schriften der Berner Burgerbibliothek, Bern 1986.
*U. M. Zahnd, Einige Bemerkungen zu spätmittelalterlichen Familienbüchern aus Nürnberg und Bern, in: R. Endres (Hg.), Nürnberg und Bern. Zwei Reichsstädte und ihre Landgebiete (Erlanger Forschungen, A 46), Erlangen 1990, S.7-37.
N. Z. Davis, Gender and Genre. Women as historical Writers 1400-1820, in: P. H. Labalme (Hg.), Beyond their Sex. Learned women of the European Past, New York 1982, S.153-182, bes.161-165.
 
3.1.3 Autobiographien:
 
Schließlich seien noch weitere Arbeiten der letzten Jahre zu zum Thema Autobiographien genannt:
*J. S. Amelang, Spanish Autobiography in the Early Modern Era, in: Schulze 1996, 59-71.
*J. S. Amelang, The Flight of Icarus. Artisan Autobiography in Early Modern Europe, Stanford 1998.
*K. D. Barkin, Autobiography and History, in: Societas. A Review of Social History 6 (1976), 83-108.
*I. Bernheiden, Individualität im 17. Jahrhundert. Studien zum autobiographischen Schrifttum, Frankfurt a.M. u.a.1988.
*L. S. Bloom, German secular Autobiography: A study of vernacular Texts from circa 1450 to 1650, Diss., Toronto 1983/ Ottawa 1984.
*A. Buck (Hg.), Biographie und Autobiographie in der Renaissance (Wolfenbütteler Abhandlungen zur Renaissanceforschung 4), Wiesbaden 1983.
*C. D. Ferguson, The emergency of medieval Autobiography: Guibert de Nogent, Peter Abelard and Giraldus Cambrebsis as alienated autobiographers, Binghampton 1979.
*G. Jancke, Autobiographie als soziale Praxis. Beziehungskonzepte in deutschsprachigen Selbstzeugnissen des 15. und 16. Jahrhunderts (Selbstzeugnisse der Neuzeit 10), Köln/ Weimar/ Wien 2002.
*G. Kees, Zum Aufkommend er deutschsprachigen Autobiographie im 13.-15. Jahrhundert unter besonderr Berücksichtigung dreier repräsentativer Autobiographien, Diss., Rostock 1987.
*J. Peterson, Die Vita des Aufsteigers. Sichtweisen gesellschaftlichen Erfolgs in der Biographik des Quattrocento, in: HZ 250 (1990), S.1-31.
*W. Reininghaus, Zeugnisse eines Übergangs. Chroniken und autobiographische Texte als Quellen zur Vor- und Frühgeschichte der Industrialisierung in der Grafschaft Mark, in: P. Johanek (Hg.), Städtische Geschichtsschreibung im Spätmittelalter und in der frühen Neuzeit, Köln 2000, S. 333-347.
*A. Völker-Rasor, "Arbeitsam, obgleich etwas verschlafen..." - Die Autobiographie des 16. Jahrhunderts als Ego-Dokument, in: W. Schulze (Hg.), Ego-Dokumente. Annäherung an den Menschen in der Geschichte (Selbstzeugnisse der Neuzeit 2), Berlin 1996, 107-120.
*H. Wenzel, Zu den Anfängen der volkssprachlichen Autobiographie im späten Mittelalter, in: Daphnis, Bd.13, H.1-2 (1984), S.59-75.
*R.-R. Wuthenow, Das erinnerte Ich. Europäische Autobiographie und Selbstdarstellung im 18. Jahrhundert, München 1974.
*U. M. Zahnd, Die autobiographischen Aufzeichnungen Ludwig von Diesbachs. Studien zur spätmittelalterlichen Selbstdarstellung im Oberdeutschen und schweizerischen Raume. Schriften der Berner Burgerbiliothek, Bern 1986.
 
Als einzige systematische Gesamtdarstellung zu dem Thema kann gelten:
*G. Misch, Geschichte der Autobiographie, 4 Bd., Frankfurt/M. 1949-1969 (Mit der Frühen Neuzeit befasst sich Bd. IV/2: Von der Renaissance bis zu den autobiographischen Hautwerken des 18. und 19. Jahrhunderts. Dieser letzte Band geht - anders als die vorangehenden und sehr erweiterten Teile - unverändert auf Misch erste Fassung dieses Werkes aus dem Jahr 1904 zurück).
 
3.1.4 Ego-Dokumente:
 
Gerade in den letzten Jahren hat das Interesse an solchen und ähnlichen Quellen zugenommen und eine umfassende Auseinandersetzung der Forschung mit ihnen begann auch im deutschsprachigen Raum, jetzt unter dem Namen ‚Ego-Dokument-Forschung'. Nachdem die ‚großen' der Geschichte schon im 19. Jahrhundert zu genüge behandelt worden waren und die letzten Jahrzehnte den Institutionen und Strukturen wie der abstrakten, unpersönlichen Gesellschaft im Allgemeinen galten, richtete man nun wieder den Blick auf den ‚kleinen Mann' und seine ‚Selbstzeugnisse'.
 
Als maßgebliche Arbeiten der letzten Jahre können genannt werden:
*K. Arnold/ S. Schmolinsky/ U. M. Zahnd (Hg.), Das dargestellte Ich. Studien zu Selbstzeugnissen des späteren Mittelalters und der frühen Neuzeit (Selbstzeugnisse des Mittelalters und der beginnenden Neuzeit 1), Bochum 1999.
*R. Dekker (Hg.), Egodocuments in History. Autobiographical Writing in its Social Context since the Middle Ages (Publicaties van de Faculteit der Historische en Kunstwetenschappen Maatschappijgeschiedenis 38), Hilversum 2002.
*S. Elit/ S. Kraft/ A. Rutz (Hg.), Das ‚Ich' in der Frühen Neuzeit: Autobiographien - Selbstzeugnisse - Ego-Dokumente in geschichts- und literaturwissenschaftlicher Perspektive (Zeitblicke. Online-Journal für die Geschichtswissenschaften 1 (2002), Heft 2), München 2002.
*K. von Greyerz/ H. Medick/ P. Veit (Hg.), Von der dargestellten Person zum erinnerten Ich. Europäische Selbstzeugnisse als historische Quelle 1500-1800 (Selbstzeugnisse der Neuzeit 9), Köln/ Weimar/ Wien 2001, S.3-31.
*M. Heuser (Hg.), Autobiographien von Frauen. Beiträge zu ihrer Geschichte (Untersuchungen zur deutschen Literaturgeschichte 85), Tübingen 1996.
*G. Jancke, Die Quellengruppe der Selbstzeugnisse in Spätmittelalter und Früher Neuzeit. Zwei quellenkundliche Handbücher zum deutschsprachigen Bereich, in: Herold-Jb NF 3 (1998), S. 41-51.
*W. Schulze (Hg.), Ego-Dokumente. Annäherung an den Menschen in der Geschichte (Selbstzeugnisse der Neuzeit 2), Berlin 1996.
*H. Tersch, Vielfalt der Formen. Selbstzeugnisse der Frühen Neuzeit als historische Quellen, in: Thomas Winkelbauer (Hg.), Vom Lebenslauf zur Biographie. Geschichte, Quellen und Probleme der historischen Biographik und Autobiographik (Schriftenreihe des Waldviertler Heimatbundes 40), Horn / Waidhofen 2000, S.69-98.
 
3.2 Studien über und anhand von Hermann Weinsberg:
 
3.2.1 Zu Hermann Weinsberg:
 
Wer zunächst nur einen ganz allgemeinen Überblick über Hermann Weinsberg sucht, sei immer noch auf die grundlegenden Artikel Herborns verwiesen:
*W. Herborn, Die Familie von Schwelm/ von Weinsberg. Entwicklungsstufen einer bäuerlichen Familie im großstädtischen Milieu an der Schwelle zur Neuzeit, in: Beiträge zur Heimatkunde der Stadt Schwelm und ihrer Umgebung NF (1982), S.36-62.
*W. Herborn, Hermann von Weinsberg, in: Rheinische Lebensbilder 11, S.59-76.
 
3.2.2 Studien über Hermann Weinsberg:
 
Darüber hinaus gibt es eine umfangreiche Beschäftigung zu Alltags- und Mentalitätsgeschichtlichen Fragestellungen anhand der Aufzeichnungen Weinsbergs sowie für die ältere Forschung aus dem Bereich der Kulturgeschichte:
 
Für den Bereich der Kulturgeschichte (Weinsberg als Beispiel der bürgerlichen Mittelschicht):
*H. Bode, Das Leben eines Kölner Bürgers im 16. Jahrhundert (nach "Das Buch Weinsberg: Kölner Denkwürdigkeiten aus dem 16. Jahrhundert"), Diss., Weiden bei Köln 1956.
*F. von Bezold, Ein Kölner Gedenkbuch des XVI. Jahrhunderts, in: Aus Mittelalter und Renaissance. Kulturgeschichtliche Studien, München u.a. 1918.
*E. M. Hütte, Das stadtkölnische Bürgertum im 16. Jh. dargestellt nach der Chronik des Hermann Weinsberg, Diss., Köln 1940 (nicht fertiggestellt).
*J. Stein, Hermann Weinsberg als Mensch und Historiker, in: Jahrbuch des Kölnischen Geschichtsvereins 4 (1917), S.109-168.
 
Zu Familie und Haushalt Hermann Weinsbergs:
*G. Fouquet, Ein privates Milieu im 16. Jahrhundert. Familie und Haushalt des Kölners Hermann Weinsberg (1518-1597), in: R. S. Elkar u. a. (Hg.): Vom rechten Maß der Dinge. Beiträge zur Wirtschafts- und Sozialgeschichte. Festschrift für Harald Witthöft zum 65. Geburtstag (Sachüberlieferung und Geschichte 17), St. Katharinen 1996, S. 347-379.
*H. Jütte, Household and Family Life in Late 16th Century Cologne. The Weinsberg Family, in: 16th Century Journal 17 (1986), S.165-182.
*S. Ozment, When Father Ruled. Family Life in Reformation Europe, Cambridge 1983.
 
Weinsberg als Quelle für Gemütsäußerungen:
*W. Herborn, Das Lachen im 16. Jahrhundert. Die Chronik des Hermann von Weinsberg als Quelle für eine Gemütsäußerung, in: Rheinisch-westfälische Zeitschrift für Volkskunde 40 (1995), S.9-30.
 
Weinsberg als frauengeschichtliche Quelle:
*G. Chaix, De la pieté à la dévotion. Le conseiller de Cologne Hermann Weinsberg entre mère et belle-soeur (1518-1597), in: J. Delumeau (Hg.): La religion de ma mère. Le rôle des femmes dans la transmission de la foi, Paris 1992, S. 157-172.
*Kammeier-Nebel, Sophia Korth - Ein Frauenleben zwischen Blaubach und Bürgerstraße im 16. Jahrhundert. Das Buch Weinsberg als frauengeschichtliche Quelle, in: I. Franken / Ch. Kling-Mathey (Hg.): Köln der Frauen. Ein Stadtwanderungs- und Lesebuch, Köln 1992, S. 121-130.
 
Auch die Kunstgeschichte sind die Aufzeichnungen Weinsbergs interessant:
*Auf die Relevanz für dieses Fach aufmerksam gemacht hat W. Schmid, Kölner Renaissancekultur im Spiegel der Aufzeichnungen des Hermann Weinsberg, 1518-1598 (Veröffentlichungen des Kölnischen Stadtmuseums 8), Köln 1991.
*Außerdem: F. Irsigler/ W. Schmid, Kunsthandwerker, Künstler, Auftraggeber und Mäzene im spätmittelalterlichen Köln, in: Jahrbuch des kölnischen Geschichtsvereins 63 (1992), S.1-54, bes. S.39ff.
 
Darüber hinaus hat besonders die Malerfamilie Bruyn das Interesse der Kunstgeschichte auf sich gezogen; zuletzt
*H. Westhoff-Krummacher, Barthel Bruyn der Ältere als Bildnismaler (Kunstwissenschaftliche Studien 35), München 1965, bes. 7-10 u. 56f.
*Und schon früh: E. Firmerich Richartz, Bartholomäus Bruyn, Leipzig 1917, bes. S.19-20 mit der Besprechung der Bilder Weinsbergs.
 
Zu Kriminalität/ sozialen Randgruppen/ Hexenverfolgung:
*F. Irsigler, Zauberei- und Hexenprozesse in Köln, 15.-17. Jahrhundert, in: G. Franz/ F. Irsigler (Hg.), Hexenglaube und Hexenprozesse im Raum Rhein-Mosel-Saar, Trier 1995, S.169-180.
*F. Irsigler/ A. Lassotta, Bettler und Gaukler, Dirnen und Henker. Randgruppen und Außenseiter in Köln 1300-1600, Köln 1984, S.20ff.
*G. Schwerhoff, Köln im Kreuzverhör. Kriminalität, Herrschaft und Gesellschaft in einer frühneuzeitlichen Stadt, Bonn 1991.
*G. Schwerhoff, Hexenverfolgung in einer frühneuzeitlichen Großstadt - das Beispiel der Reichstadt Köln, in: Hexenverfolgung im Rheinland. Ergebnisse neuer Lokal- und Regionalstudien (Bensberger Protokolle 85), Bensberg 1996, S.13-56.
 
Zum Frühneuzeitlichen Gesundheitswesen:
*R. Jütte, Aging and Body Images in the Sixteenth Century. Hermann Weinsberg's Perceptions of the Aging Body, in: European History Quarterly 18 (1988), S.259-280.
 
Zur Mobilität:
*W. Herborn, Die Reisen und Fahrten des Hermann von Weinsberg. Zur Mobilität eines Kölner Bürgers im 16. Jahrhundert, in: G. Mölich/ G. Schwerhoff, Köln als Kommunikationszentrum, Köln 2000, S.141-166.
 
Und jetzt jüngst auch für die Liturgiegeschichte:
*F. Lurz, Erlebte Liturgie. Autobiographische Schriften als liturgiewissenschaftliche Quellen (Ästhetik - Theologie Liturgik Bd.28), Münster 2003.
 
Volkskundliche und Mentalitätsgeschichtliche Fragen:
*W. Herborn, Fast-, Fest- und Feiertage im Köln des 16. Jahrhunderts, in: Rheinisches Jahrbuch für Volkskunde 25 (1983/84), S.27-61.
*W. Herborn, Hund und Katz im städtischen und ländlichen Leben im Raum Köln während des ausgehenden Mittelalters und in der frühen Neuzeit, in: G. Hirschfelder/ D. Schell/ A. Schrutka-Rechtenstamm (Hg.), Kulturen - Sprachen - Übergänge. Festschrift für H. L. Cox zum 65. Geburtstag, Köln/ Weimar/ Wien 2000, S.397-413
*W. Hofmann, Hermann von Weinsberg und die kölnische Fastnacht im 16. Jahrhundert, in: Rheinisch-westfälische Zeitung für Volkskunde 10 (1963), S.82-98.
 
Zur Reformation in Köln:
*W. Herborn, Die Protestanten in Schilderung und Urteil des Kölner Chronisten Hermann von Weinsberg (1518-1598), in: W. Ehebrecht/ H. Schilling (Hg.), Niederlande und Nordwestdeutschland. Studien zur Regional- und Stadtgeschichte Nordwestkontinentaleuropas im Mittelalter und in der Neuzeit. Franz Petri zum 80. Geburtstag, Köln/ Wien 1983, S.136-153.
 
Zum Kirchspiel St. Jakob:
*Karl Corsten, Studien zur Pfarrgeschichte von St. Jakob in Köln, in Annalen des Historischen Vereins für den Niederrhein 158 (1956), S.5-86.
 
Zum Stadtviertel:
*W. Herborn, "Straßen" wie diese". Zum Alltagsleben in einer Kölner Straße im 16. Jahrhundert, in: GiK 15 (1984), S.6-36.
 
Zum Schüler- und Studentenleben:
*P. Schaeffer, Kölner Schüler- und Studentenleben im sechzehnten Jahrhundert nach dem Buche Weinsberg, in: Alt Köln 2 (1909/10) H.1, S.2-5, H.2, S.2f., H.3, S.2f., H.4, S.2, H.5, S.2f., H.6, S.2.
 
Die Viten von Christian und Gottschalk von Schwelm sind zudem teilweise berücksichtigt in:
*G. Helbeck, "In oppido Swelme". Entstehung und Struktur der mittelalterlichen Kleinstadt Schwelm zwischen dem 10. Jahrhundert und 1496, in: Beiträge zur Heimatkunde der Stadt Schwelm und ihrer Umgebung, NF 23 (1973) S.5-53.
nach oben